Wie finde ich inneren Frieden?
Die Sehnsucht nach innerem Frieden mit Gott und der Welt liegt ganz tief in uns drin. Die Veränderungen der letzten Monate haben deutlich gemacht, dass es eine viel größere Krise gibt als die offensichtlichen. Gibt es einen Ausweg? Liegt diese Krise hinter allen Krisen nicht in uns, in jedem einzelnen Menschen? Erfahren Sie hier wie wir Ängste überwinden, inneren Frieden finden und innerlich in jeder Hinsicht gesund bleiben und gesund werden können. Denn: Es gibt Hoffnung!
1 Gottes Liebe zu uns Menschen
Die Natur wie auch Gottes Wort zeigen uns die Liebe Gottes. Unser Vater im Himmel ist die Quelle des Lebens, der Weisheit und der Freude. Wie wunderschön die natürliche Welt doch ist! Wie erstaunlich und wunderbar sie unseren Bedürfnissen entspricht und für unser Glück sorgt, und das nicht nur für uns Menschen, sondern für alle geschaffenen Lebewesen! Sonnenschein und Regen, die die Erde erfreuen und erfrischen, die Berge und Seen und weiten Ebenen, sie alle erzählen uns von der Liebe des Schöpfers. Gott ist es, der für die täglichen Bedürfnisse aller seiner Geschöpfe sorgt. Oder wie es der Psalmist in den eindrucksvollen Worten beschreibt:
„Aller Augen warten auf dich,
und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.
Du tust deine Hand auf
und sättigst alles, was lebt, mit Wohlgefallen.“
(Psalm 145,15.16)
Gott schuf den Menschen heilig und glücklich; und auf der Erde, die so schön aus der Hand des Schöpfers kam, war weder Verfall noch irgendein Schatten des Fluches zu finden. Erst die Übertretung des göttlichen Gesetzes – des Gesetzes der Liebe – brachte Leid und Tod. Doch sogar inmitten des Leides, das der Sünde folgt, offenbart sich die Liebe Gottes. Es steht geschrieben, dass Gott die Erde um des Menschen willen verfluchte (1. Mose 3,17). Die Dornen und Disteln – die Schwierigkeiten und Prüfungen, die das Leben der Menschen so mühsam und voller Sorgen machen – sollen ihm zum Besten dienen und sind ein notwendiger Teil der Erziehung Gottes, damit der Mensch wieder aus dem Verderben und der Erniedrigung aufgerichtet wird, die die Sünde bewirkt hat. Es gibt nicht nur Leid und Elend in der Welt, auch wenn sie gefallen ist. Die Natur selbst erzählt uns von Hoffnung und Trost. Disteln tragen Blüten, und die Dornen sind mit Rosen bedeckt.
„Gott ist die Liebe“ (1. Johannes 4,8) steht auf jeder sich öffnenden Knospe, auf jedem emporsprießenden Grashalm. Die lieblichen Vögel lassen die Luft mit fröhlichen Liedern erklingen, die zart getönten Blumen erfüllen die Atmosphäre mit süßem Duft, die hohen Bäume des Waldes mit ihrem reichen Blattwerk aus lebendigem Grün – sie alle bezeugen die liebevolle, väterliche Fürsorge unseres Gottes und seinen Wunsch, seine Kinder glücklich zu machen.
Das Wort Gottes offenbart seinen Charakter. Er selbst hat verkündigt, wie unendlich groß seine Liebe ist und wie sehr er mit uns fühlt und leidet. Als Mose betete: „Lass mich doch deine Herrlichkeit sehen“, antwortete der Herr: „Ich will alle meine Güte vor deinem Angesicht vorüberziehen lassen.“ (2. Mose 33,18.19) Das ist seine Herrlichkeit. Der Herr ging an Mose vorüber und rief: „Der Herr, der Herr, der starke Gott, der barmherzig und gnädig ist, langsam zum Zorn und von großer Gnade und Treue, der Tausenden Gnade bewahrt und Schuld, Übertretung und Sünde vergibt.“ (2. Mose 34,6.7) Er ist „langsam zum Zorn und voller Güte“ (Jona 4,2), „denn er hat Lust an Gnade“ (Micha 7,18).
Gott hat unsere Herzen durch unzählbare Zeichen im Himmel und auf der Erde an sich gebunden. Durch die Natur wie auch durch die tiefsten und zärtlichsten Bande, die die Herzen der Menschen kennen, will er sich uns offenbaren. Und doch zeigen sie seine Liebe nur unvollkommen. Trotz all dieser Beweise hat der Feind des Guten die Gedanken der Menschen verblendet, sodass sie Angst vor Gott haben und meinen, er sei streng und unversöhnlich. Satan hat die Menschen dahin gebracht zu glauben, Gottes wesentlichste Eigenschaft sei harte Gerechtigkeit – als sei er ein strenger Richter oder ein harter, fordernder Gläubiger. Er stellt den Schöpfer als ein Wesen dar, das die Menschen misstrauisch beobachtet, um ihre Irrtümer und Fehler zu entdecken und sie dann zu verurteilen. Um diesen dunklen Schatten zu entfernen, kam Jesus auf die Erde und lebte unter uns Menschen – und offenbarte uns die unendliche Liebe Gottes.
Der Sohn Gottes kam vom Himmel, um uns den Vater zu offenbaren. „Niemand hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt.“ (Johannes 1,18; Luther); „Niemand erkennt den Vater als nur der Sohn und der, welchem der Sohn es offenbaren will.“ (Matthäus 11,27) Als einer der Jünger Jesus bat: „Zeige uns den Vater“, antwortete er: „So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich noch nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen. Wie kannst du da sagen: Zeige uns den Vater?“ (Johannes 14,8.9)
Als Jesus seine Mission auf dieser Erde beschrieb, sagte er: Der Herr „hat mich gesalbt, den Armen frohe Botschaft zu verkünden; er hat mich gesandt, zu heilen, die zerbrochenen Herzens sind, Gefangenen Befreiung zu verkünden und den Blinden, dass sie wieder sehend werden, Zerschlagene in Freiheit zu setzen“ (Lukas 4,18). Dies war seine Aufgabe. Er tat Gutes und heilte alle, die von Satan unterdrückt waren. Es gab ganze Dörfer, in denen man auch nicht ein Haus fand, in dem noch jemand wegen Krankheit klagte, denn er war hindurchgegangen und hatte alle Kranken geheilt. Sein Wirken bewies, dass er von Gott gesalbt war. In jeder Handlung seines Lebens offenbarten sich Liebe, Barmherzigkeit und Mitleid; sein Herz floss über von innigem Mitgefühl für die Menschenkinder. Er nahm die Natur des Menschen an, um ihren Bedürfnissen dienen zu können. Die ärmsten und geringsten Menschen scheuten sich nicht, sich ihm zu nähern, und selbst kleine Kinder fühlten sich zu ihm hingezogen. Wie gerne kletterten sie auf seine Knie und schauten in sein nachdenkliches Gesicht, das Liebe und Güte ausstrahlte!
Jesus hielt kein einziges Wort der Wahrheit zurück, doch er sagte es stets in Liebe. Er behandelte die Menschen mit größtem Feingefühl und immer achtsam, freundlich und aufmerksam. Er war niemals grob, niemals sprach er ein hartes Wort oder bereitete einer empfindsamen Seele unnötigen Schmerz. Menschliche Schwäche tadelte er nicht. Er sagte die Wahrheit, aber immer liebevoll. Er verurteilte Heuchelei, Unglauben und Ungerechtigkeit; doch in seiner Stimme waren Tränen, wenn er seinen harten Tadel äußerte. Er weinte über Jerusalem, die Stadt, die er so sehr liebte, die ihn – den Weg, die Wahrheit und das Leben – nicht aufnehmen wollte. Sie hatte den Heiland abgelehnt, und doch blickte er in erbarmender Liebe auf sie. Sein Leben war ein Leben der Selbstverleugnung und aufmerksamer Fürsorge für andere. In seinen Augen war jeder Mensch kostbar. Und während ihn immer göttliche Würde umgab, beugte er sich mit liebender Anteilnahme zu jedem Glied der Familie Gottes herab. In allen Menschen sah er gefallene Wesen, zu deren Rettung er gesandt war.
Das ist der Charakter Christi, wie er uns in seinem Leben offenbart wurde. Es ist der Charakter Gottes. Aus dem Herzen des Vaters fließen Ströme göttlichen Erbarmens zu den Menschenkindern und offenbaren sich in Christus. Jesus, der liebevolle, mitfühlende Heiland, war Gott „geoffenbart im Fleisch“ (1. Timotheus 3,16).
Jesus lebte, litt und starb, um uns zu erlösen. Er wurde „ein Mann der Schmerzen“ (Jesaja 53,3), damit wir ewige Freude haben können. Gott ließ zu, dass sein geliebter Sohn, der „voller Gnade und Wahrheit“ (Johannes 1,14) ist, aus einer Welt unbeschreiblicher Herrlichkeit in eine Welt kam, die von Sünde verdorben und vergiftet und vom Schatten des Todes und des Fluches verfinstert worden war. Er ließ zu, dass er die Geborgenheit seiner Liebe, die Anbetung der Engel verließ, um Schande, Beleidigung, Demütigung, Hass und den Tod zu erleiden. „Die Strafe lag auf ihm, damit wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt worden.“ (Jesaja 53,5) Denk an Jesus in der Wüste, in Gethsemane, am Kreuz! Der makellose Sohn Gottes nahm die Last der Sünde auf sich. Er, der eins mit Gott gewesen war, fühlte in seiner Seele die furchtbare Trennung, welche die Sünde zwischen Gott und den Menschen bringt. Dies presste den Schmerzensschrei von seinen Lippen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Matthäus 27,46) Er fühlte die Last der Sünde, ihre furchtbare Abscheulichkeit und wie sie die Seele von Gott trennt – das war es, was das Herz des Sohnes Gottes brach.
Doch Christus brachte dieses Opfer nicht, um Gott zu bewegen, den Menschen zu lieben und zu erretten… o nein! „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab.“ (Johannes 3,16) Der Vater liebt uns – nicht wegen dieser großen Versöhnungstat, nein, sondern er bewirkte die Versöhnung, weil er uns liebt. Durch Christus konnte er seine unendliche Liebe auf die gefallene Welt ausgießen. „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selbst.“ (2. Korinther 5,19) Gott litt mit seinem Sohn. Im Leidenskampf in Gethsemane, im Tod auf Golgatha bezahlte das Herz unendlicher Liebe den Preis für unsere Erlösung.
Jesus sagte: „Darum liebt mich mein Vater, weil ich mein Leben lasse, damit ich es wieder nehme.“ (Johannes 10,17) Das bedeutet: „Mein Vater hat dich so sehr geliebt, dass er mich sogar noch mehr liebt, weil ich mein Leben gab, um dich zu erlösen. Indem ich dein Stellvertreter und Bürge wurde, indem ich mein Leben aufgab, indem ich deine Schuld, deine Übertretungen auf mich nahm, wurde die Liebe meines Vaters zu mir noch tiefer; denn durch mein Opfer kann Gott gerecht sein und dennoch den rechtfertigen, der an mich glaubt.“
Niemand anders als nur der Sohn Gottes konnte unsere Erlösung vollbringen; denn nur er, der mit dem Vater eins war, konnte ihn richtig darstellen. Nur er, der die Höhen und Tiefen der Liebe Gottes kannte, konnte sie auch offenbaren. Und nichts Geringeres als das unendliche Opfer Christi für die gefallenen Menschen konnte die Liebe des Vaters für die verlorene Menschheit ausdrücken.
„Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab.“ (Johannes 3,16) Er gab ihn nicht nur, um unter den Menschen zu leben, um ihre Sünden zu tragen und ihren Tod zu erleiden. Vielmehr schenkte er ihn der gefallenen Menschheit. Christus sollte sich mit den Interessen und Bedürfnissen der Menschen identifizieren. Er, der mit Gott eins war, hat sich mit den Menschenkindern durch Bande verbunden, die niemals zerrissen werden können. Jesus „schämt sich nicht, sie Brüder zu nennen“ (Hebräer 2,11). Er ist unser Opfer, unser Fürsprecher, unser Bruder. Er tritt in unserer menschlichen Gestalt vor den Thron des Vaters, und durch ewige Zeitalter hindurch wird er, der „Menschensohn“, eins mit dem Geschlecht sein, das er erlöst hat. Und all dies, um den Menschen aus dem Verderben und der Erniedrigung der Sünde aufzurichten, damit er die Liebe Gottes widerspiegeln und an der Freude der Heiligkeit teilhaben kann.
Der Preis, der für unsere Erlösung bezahlt wurde – das unendlich große Opfer des himmlischen Vaters, seinen Sohn für uns in den Tod zu geben – sollte uns eine erhabene Vorstellung davon geben, was wir durch Christus werden können. Als der inspirierte Apostel Johannes die Höhe, die Tiefe und Breite der Liebe des Vaters zu dem zugrunde gehenden Menschengeschlecht sah, erfüllten ihn tiefe Bewunderung und Ehrfurcht. Und weil er keine Worte finden konnte, um die Größe und Herzlichkeit dieser Liebe auszudrücken, forderte er die Welt auf, sie selbst zu schauen: „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Kinder Gottes heißen sollen!“ (1. Johannes 3,1) Welch einen Wert erhält der Mensch hierdurch! Durch die Übertretung werden die Menschenkinder Knechte Satans. Durch den Glauben an das Sühneopfer Christi können die Söhne Adams Söhne Gottes werden. Indem Christus die menschliche Natur annahm, erhöhte er die Menschheit, und durch die Verbindung mit Christus können die gefallenen Menschen in der Tat würdig werden, den Namen „Söhne Gottes“ zu tragen.
Solche Liebe ist einmalig. Kinder des himmlischen Königs! Was für eine kostbare Verheißung! Wie unergründlich tief ist dieser Gedanke! Wie einzigartig ist die Liebe Gottes für eine Welt, die ihn nicht liebte! Dieser Gedanke übt eine überwältigende Macht auf die Seele aus und nimmt die Gedanken im Willen Gottes gefangen. Je mehr wir den Charakter Gottes im Licht des Kreuzes studieren, desto mehr sehen wir seine Barmherzigkeit, Liebe und Vergebung verbunden mit Unparteilichkeit und Gerechtigkeit, und desto klarer erkennen wir die unzähligen Beweise einer Liebe, die unendlich ist, und eines innigen Mitgefühls, das die liebevolle Zuneigung einer Mutter zu ihrem eigensinnigen Kind übersteigt.
2 Wir brauchen Christus
Der Mensch war ursprünglich mit edlen Kräften und einem ausgewogenen Geist geschaffen worden. Er war in seinem Wesen vollkommen und mit Gott im Einklang. Seine Gedanken waren rein, seine Ziele heilig. Aber durch Ungehorsam wurden seine Kräfte verdorben, und Selbstsucht nahm den Platz der Liebe ein. Seine Natur wurde durch die Übertretung so geschwächt, dass er aus eigener Kraft der Macht des Bösen unmöglich widerstehen konnte. Er wurde von Satan gefangen genommen und wäre es für immer geblieben, hätte Gott nicht in besonderer Weise eingegriffen. Das Ziel des Versuchers war es, Gottes Plan in der Erschaffung des Menschen zu vereiteln und die Erde mit Leid und Verderben zu füllen. Und dann würde er auf all das Böse zeigen und sagen, es sei das Ergebnis davon, dass Gott die Menschen geschaffen hatte.
In seinem sündlosen Zustand lebte der Mensch in enger, freudiger Verbindung mit Gott, „in welchem alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen sind“ (Kolosser 2,3). Doch nachdem er gesündigt hatte, konnte er an der Heiligkeit keine Freude mehr finden und versuchte, sich vor der Gegenwart Gottes zu verstecken. Das ist noch immer der Zustand des unerneuerten Herzens. Es lebt nicht im Einklang mit Gott und findet keine Freude an der Gemeinschaft mit ihm. Der Sünder könnte in der Gegenwart Gottes nicht glücklich sein. Er würde vor der Gesellschaft heiliger Wesen zurückschrecken. Würde ihm erlaubt, den Himmel zu betreten, würde er dort keine Freude empfinden. Die selbstlose, uneigennützige Liebe, die dort herrscht – wo jedes Herz die unendliche Liebe des Herzens Gottes erwidert – würde in seiner Seele keine Saiten zum Schwingen bringen. Seine Gedanken, seine Interessen, seine Motive wären völlig anders als die der sündlosen Bewohner. Er wäre ein Misston in der Melodie des Himmels. Der Himmel wäre für ihn ein Ort der Qual, und er würde sich wünschen, vor Gott verborgen zu sein, der das Licht des Himmels ist und die Freude seiner Einwohner. Die Gottlosen werden nicht durch ein willkürliches Urteil Gottes aus dem Himmel ausgeschlossen, nein! Ihre eigene Untauglichkeit schließt sie von der Gesellschaft dort aus. Die Herrlichkeit Gottes wäre für sie ein verzehrendes Feuer. Lieber würden sie vernichtet werden, als vor dem Angesicht dessen zu leben, der starb, um sie zu erlösen.
Niemals können wir durch eigene Anstrengung aus dem Sumpf der Sünde herauskommen, in den wir gesunken sind. Unsere Herzen sind böse, und wir können sie nicht ändern. „Wie könnte denn ein Reiner von einem Unreinen kommen? Nicht ein einziger!“ (Hiob 14,4)
„Das Trachten des Fleisches ist Feindschaft gegen Gott; denn es unterwirft sich dem Gesetz Gottes nicht, und kann es auch nicht.“ (Römer 8,7) Erziehung, Kultur, der Einsatz des Willens, menschliche Anstrengungen, sie alle haben ihren angemessenen Bereich, aber hier sind sie machtlos. Sie mögen ein äußerlich korrektes Verhalten hervorbringen, aber sie können das Herz nicht ändern. Sie können die Quellen des Lebens nicht reinigen. Es muss eine Kraft von innen heraus wirken, ein neues Leben von oben, ehe der Mensch von der Sünde zur Heiligkeit verändert werden kann. Diese Kraft ist Christus. Seine Gnade allein kann die verkümmerten Fähigkeiten des Menschen wiederbeleben und zu Gott, zur Heiligkeit ziehen.
Der Heiland sagte: „Wenn jemand nicht von neuem geboren wird“, wenn er nicht ein neues Herz erhält, neue Wünsche, Ziele und Motive, die zu einem neuen Leben führen, „so kann er das Reich Gottes nicht sehen“ (Johannes 3,3). Der Gedanke, man brauche nur das Gute in der Natur des Menschen zu entwickeln, ist eine verhängnisvolle Täuschung. „Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt werden muss.“ (1. Korinther 2,14)
„Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe: Ihr müsst von neuem geboren werden!“ (Johannes 3,7) Von Christus steht geschrieben: „In ihm war das Leben; und das Leben war das Licht der Menschen“ (Johannes 1,4) – der einzige „Name unter dem Himmel, der den Menschen gegeben ist, in dem wir gerettet werden sollen“ (Apostelgeschichte 4,12).
Es reicht nicht aus, die Barmherzigkeit Gottes wahrzunehmen, die Güte und väterliche Liebe seines Wesens zu erkennen. Es genügt nicht, die Weisheit und Gerechtigkeit seines Gesetzes zu erkennen, zu sehen, dass es auf dem ewigen Grundsatz der Liebe gegründet ist. Der Apostel Paulus sah das alles, als er ausrief: „Ich stimme dem Gesetz zu, dass es gut ist.“ „Das Gesetz ist heilig und das Gebot ist heilig, gerecht und gut.“ Aber in seiner bitteren Seelenqual und Verzweiflung fügte er hinzu: „Ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft.“ (Römer 7,16.12.14) Er sehnte sich nach der Reinheit, der Gerechtigkeit, die er aus sich selbst heraus nicht erreichen konnte, und er rief aus: „Oh, ich elender Mensch! Wer kann mich erlösen von diesem Todesleib?“ (Römer 7,24) Dieser Schmerzensschrei kam schon zu allen Zeiten aus beladenen Herzen in aller Welt. Und für alle gibt es nur eine Antwort: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.“ (Johannes 1,29)
Diese Wahrheit versuchte der Geist Gottes durch viele verschiedene Bilder zu veranschaulichen und sie den Menschen verständlich zu machen, die sich danach sehnen, von der Last der Schuld befreit zu werden. Als Jakob nach seinem Betrug an Esau aus dem Haus seines Vaters floh, wurde er von Schuldgefühlen tief niedergedrückt. Einsam und ausgestoßen, wie er war, getrennt von allem, was ihm das Leben lieb gemacht hatte, war der eine Gedanke, der seine Seele mehr als alles andere bedrängte, die Angst, dass seine Sünden ihn von Gott getrennt hatten, dass er vom Himmel verlassen sei. In seiner Traurigkeit legte er sich auf die nackte Erde, um zu ruhen – um ihn herum nur einsame Hügel und über ihm der Himmel in seiner Sternenpracht. Als er schlief, durchbrach ein seltsames Licht seinen Traum. Von der Ebene, auf der er lag, schien eine riesengroße, schattenhafte Treppe direkt zu den Toren des Himmels hinaufzuführen, und auf ihren Stufen stiegen die Engel Gottes auf und ab, während man aus der Herrlichkeit darüber die göttliche Stimme mit einer Botschaft des Trostes und der Hoffnung hörte. So wurde Jakob gezeigt, was die Not und Sehnsucht seiner Seele stillte – ein Erlöser. Froh und dankbar sah er nun einen Weg, durch den er, ein Sünder, wieder in die Gemeinschaft mit Gott zurückgebracht werden konnte. Die geheimnisvolle Leiter in seinem Traum stellte Jesus dar, die einzige Möglichkeit der Verbindung zwischen Gott und den Menschen.
Auf das gleiche Bild bezog sich Christus in seiner Unterhaltung mit Nathanael, als er sagte: „Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf den Sohn des Menschen.“ (Johannes 1,51) Als die Menschen von Gott abfielen, entfremdeten sie sich von ihm. Die Erde wurde vom Himmel getrennt. Über die Kluft hinweg, die nun zwischen ihnen lag, war keine Gemeinschaft möglich. Aber durch Christus wurde die Erde wieder mit dem Himmel verbunden. Durch seine eigenen Verdienste hat Christus den Abgrund überbrückt, der durch die Sünde entstanden war, sodass die dienenden Engel mit den Menschen in Verbindung treten können. Christus verbindet den gefallenen Menschen in seiner Schwäche und Hilflosigkeit mit der Quelle unendlicher Kraft.
Aber all die Träume der Menschen von Fortschritt, all die Bemühungen, die Menschheit zu bessern, sind vergeblich, wenn sie die einzige Quelle der Hoffnung und Hilfe für die gefallene Menschheit nicht beachten. „Jede gute Gabe und jede vollkommene Gabe kommt von Gott.“ (Jakobus 1,17) Ohne ihn kann ein Charakter niemals wahrhaft schön sein. Und der einzige Weg zu Gott ist Christus. Er sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch mich.“ (Johannes 14,6)
Das Herz Gottes sehnt sich nach seinen irdischen Kindern mit einer Liebe, die stärker ist als der Tod. Indem er seinen Sohn gab, hat er den ganzen Himmel in diesem einen Geschenk für uns ausgeschüttet. Das Leben, das Sterben und die Fürsprache des Heilandes, der Dienst der Engel, das Flehen des Geistes, der Vater, der über allem und durch alles wirkt, die unaufhörliche Anteilnahme der himmlischen Wesen – sie alle wirken mit an der Erlösung des Menschen.
Oh, wie wunderbar ist dieses erstaunliche, unglaubliche Opfer, das für uns gebracht wurde! Wie sehr sollten wir die Mühe und Energie wertschätzen, die der Himmel einsetzt, um die Verlorenen zu gewinnen und zurück ins Vaterhaus zu bringen! Niemals könnten stärkere Motive und mächtigere Mittel aufgewendet werden. Das Geschenk des ewigen Lebens, dazu noch die unermesslichen Belohnungen für rechtes Handeln, die Freude des Himmels, die Gesellschaft der Engel, die Gemeinschaft und Liebe Gottes und seines Sohnes, die Veredelung und Weiterentwicklung all unserer Kräfte durch ewige Zeitalter hindurch – sind das nicht gewaltige Anreize und Ermutigungen, unserem Schöpfer und Erlöser unsere Herzen in liebendem Dienst zu weihen?
Auf der anderen Seite werden uns in Gottes Wort seine gegen die Sünde angekündigten Urteile, die unentrinnbare Strafe, die Entartung unseres Charakters und die letztendliche Vernichtung vor Augen geführt, um uns davor zu warnen, Satan zu dienen.
Sollten wir Gottes Barmherzigkeit nicht wertschätzen? Was könnte er noch mehr tun? Suchen wir doch die rechte Beziehung zu ihm, der uns mit so wunderbarer Liebe geliebt hat. Nehmen wir doch die Mittel in Anspruch, die er uns anbietet, damit wir in sein Ebenbild umgewandelt werden, wieder Umgang mit den dienenden Engeln haben und in Harmonie und Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn sind.
3 Reue
Wie kann ein Mensch nun vor Gott gerecht werden? Und wie kann der Sünder rechtschaffen werden? Nur durch Christus können wir mit Gott und einem heiligen Leben wieder in Einklang gebracht werden. Doch wie sollen wir zu Christus kommen? Viele stellen die gleiche Frage wie die Menschen damals zu Pfingsten. Von ihrer Sünde überführt riefen sie aus: „Was sollen wir tun?“ Die Antwort des Petrus begann mit den Worten: „Tut Buße!“ (Apostelgeschichte 2,37.38) Ein anderes Mal kurz danach sagte er: „Tut Buße und bekehrt euch, dass eure Sünden ausgetilgt werden.“ (Apostelgeschichte 3,19)
Reue oder Buße schließen Kummer, ja Leid über die Sünde ein, und dass man sich von ihr abwendet. Wir werden die Sünde erst aufgeben, wenn wir ihre Sündhaftigkeit sehen. Solange wir uns nicht im Herzen von ihr abwenden, wird sich unser Leben nicht wirklich ändern.
Viele verstehen nicht, was Reue wirklich ist. Viele Menschen grämen sich, dass sie gesündigt haben, und bessern sich sogar äußerlich, weil sie befürchten, ihr verkehrtes Handeln würde Leid über sie bringen. Aber das ist keine Reue im biblischen Sinne. Sie beklagen das Leid, aber nicht die Sünde selbst. Diese Art von Kummer verspürte zum Beispiel Esau, als er erkannte, dass er sein Erstgeburtsrecht für immer verloren hatte. Bileam hatte schreckliche Angst vor dem Engel, der ihm mit gezogenem Schwert im Weg stand, und bekannte seine Schuld, um sein Leben nicht zu verlieren. Doch er bereute seine Sünde nicht aufrichtig. Seine Ziele und Absichten änderten sich nicht, und er verabscheute nicht das Böse.
Nachdem Judas Ischariot seinen Herrn verraten hatte, rief er aus: „Ich habe gesündigt, dass ich unschuldiges Blut verraten habe!“ (Matthäus 27,4) Das schreckliche Gefühl, verdammt zu sein, und ein banges Warten auf das Gericht drängten seine schuldbeladene Seele zu diesem Bekenntnis. Die daraus folgenden Konsequenzen erfüllten ihn mit Entsetzen, doch er empfand keinen tiefen, herzzerreißenden Kummer darüber, dass er den makellosen Sohn Gottes verraten und den Heiligen Israels verleugnet hatte. Als der Pharao unter den Gerichten Gottes litt, bekannte er seine Sünde, um weiteren Strafen zu entgehen, doch sobald den Plagen Einhalt geboten wurde, bot er dem Himmel wieder trotzig die Stirn. Sie alle beklagten die Folgen der Sünde, trauerten aber nicht über die Sünde selbst. Doch wenn sich das Herz dem Einfluss des Geistes Gottes unterwirft, wird das Gewissen wieder belebt und der Sünder erkennt etwas von der Tiefe und Heiligkeit des göttlichen Gesetzes, das die Grundlage seiner Regierung im Himmel und auf der Erde ist. Das „Licht, welches jeden Menschen erleuchtet“ (Johannes 1,9), erhellt die geheimen Kammern des Herzens und macht die verborgenen, dunklen Dinge offenbar. Herz und Verstand gelangen zu einer inneren Überzeugung. Der Sünder verspürt etwas von Gottes Gerechtigkeit und hat schreckliche Angst davor, in all seiner Schuld und Unreinheit vor dem zu erscheinen, der die Herzen erforscht. Er sieht die Liebe Gottes, die Schönheit der Heiligkeit, die Freude der Reinheit. Er sehnt sich danach, gereinigt zu sein und mit dem Himmel wieder Gemeinschaft zu haben.
Das Gebet Davids nach seinem Fehltritt zeigt, wie wahres Leid über die Sünde aussieht. Seine Reue war aufrichtig und tief. Er bemühte sich nicht, seine Schuld zu beschönigen, und sein Gebet entstand auch nicht aus dem Wunsch heraus, dem drohenden Gericht zu entkommen. David sah das furchtbare Ausmaß seiner Sünde. Er erkannte, wie unrein seine Seele war und verabscheute seine Sünde. Er betete nicht nur um Vergebung, sondern um Reinheit des Herzens. Er sehnte sich nach der Freude der Heiligkeit. Ihn verlangte danach, mit Gott wieder in Einklang zu sein und mit ihm Gemeinschaft zu haben. So war das Gebet seines Herzens:
„Wohl dem, dessen Übertretung vergeben,
dessen Sünde zugedeckt ist.
Wohl dem Menschen,
dem der Herr die Schuld nicht anrechnet,
in dessen Geist keine Falschheit ist.“
(Psalm 32,1.2)
„O Gott, sei mir gnädig nach deiner Güte;
tilge meine Übertretungen nach deiner großen
Barmherzigkeit…
denn ich erkenne meine Übertretungen, und meine
Sünde ist allezeit vor mir…
Entsündige mich mit Ysop, so werde ich rein;
wasche mich, so werde ich weißer als Schnee…
Erschaffe mir, o Gott, ein reines Herz,
und gib mir von neuem einen festen Geist
in meinem Innern!
Verwirf mich nicht von deinem Angesicht,
und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir.
Gib mir wieder die Freude an deinem Heil,
und stärke mich mit einem willigen Geist!…
Errette mich von Blutschuld, o Gott, du Gott meines
Heils, so wird meine Zunge deine Gerechtigkeit
jubelnd rühmen.“ (Psalm 51,1–14)
So eine Reue geht weit über unsere eigene Kraft hinaus. Wir erhalten sie allein von Christus, der „emporgestiegen [ist] zur Höhe … und den Menschen Gaben gegeben [hat]“ (Epheser 4,8).
Gerade in diesem Punkt haben viele falsche Vorstellungen und erhalten deshalb nicht die Hilfe, die Christus ihnen gerne geben möchte.
Sie meinen, sie könnten erst zu Christus kommen, wenn sie bereut haben, und Reue würde der Vergebung ihrer Sünden den Weg bereiten. Es ist wahr – Reue geht der Sündenvergebung voraus, denn nur ein zerbrochenes und reumütiges Herz spürt, dass es einen Erlöser braucht. Doch muss der Sünder warten, bis er bereut hat, ehe er zu Christus kommen kann? Sollte der Mangel an Reue zu einem Hindernis zwischen dem Sünder und dem Heiland werden?
Die Bibel lehrt nicht, dass der Sünder erst bereuen müsse, bevor er der Einladung Christi folgen kann: „Kommt her zu mir alle, die ihr euch abmüht und schwer beladen seid, und ich werde euch Ruhe geben“ (Matthäus 11,28). Es ist allein die von Christus ausgehende Kraft, die zu aufrichtiger Reue führt. Petrus machte dies ganz deutlich, als er zu den Israeliten sagte: „Diesen hat Gott zum Fürsten und Retter zu seiner Rechten erhöht, um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu gewähren.“ (Apostelgeschichte 5,31) Ohne Christi Geist, der das Gewissen weckt, können wir ebenso wenig bereuen, wie wir ohne Christus Vergebung erhalten können.
Christus ist die Quelle jedes richtigen Impulses. Er ist der Einzige, der Feindschaft gegen die Sünde ins Herz pflanzen kann. Jedes Verlangen nach Wahrheit und Reinheit, jede Überzeugung von unserer eigenen Sündhaftigkeit beweist, dass sein Geist an unserem Herzen wirkt.
Jesus hat gesagt: „Ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen.“ (Johannes 12,32) Christus muss dem Sünder als der Heiland offenbart werden, der für die Sünden der Welt starb. Wenn wir das Lamm Gottes am Kreuz von Golgatha betrachten, beginnt sich uns das Geheimnis der Erlösung zu entfalten, und Gottes Güte leitet uns zur Buße. Durch sein Sterben offenbarte Christus eine Liebe, die unbegreiflich ist, und wenn der Sünder diese Liebe erkennt, erweicht sie sein Herz, beeindruckt seinen Geist und weckt Reue in der Seele.
Es ist wahr: Menschen schämen sich manchmal ihrer sündhaften Wege und geben einige ihrer bösen Gewohnheiten auf, noch bevor ihnen überhaupt bewusst wird, dass Christus sie zu sich zieht. Doch immer wenn sie sich danach sehnen, das Richtige zu tun, und sich daraufhin um Besserung bemühen, zieht sie Christi Kraft. An ihrem Herzen wirkt ein Einfluss, der ihnen selbst nicht bewusst ist. Das Gewissen wird geweckt und das äußere Verhalten gebessert. Wenn Christus sie zieht und dazu bewegt, auf sein Kreuz zu sehen, ihn zu erblicken, den ihre Sünden durchbohrt haben, dann dringt das Gebot in ihr Gewissen. Ihnen wird die Sündhaftigkeit ihres Lebens bewusst, die tief im Herzen sitzende Sünde. Sie beginnen, etwas von Christi Rechtschaffenheit zu verstehen, und rufen aus: „Was ist die Sünde, dass sie so ein Opfer für die Errettung ihrer Gefangenen fordert? War wirklich all diese Liebe, all dieses Leiden, all diese Demütigung notwendig, damit wir nicht verloren gehen, sondern ewiges Leben haben?“
Der Sünder kann dieser Liebe widerstehen, er kann sich weigern, zu Christus gezogen zu werden. Widerstrebt er aber nicht, wird er zu Jesus gezogen. Die Kenntnis des Erlösungsplans wird ihn zum Fuß des Kreuzes führen, und er wird seine Sünden bereuen, die die Leiden des geliebten Sohnes Gottes verursacht haben.
Derselbe göttliche Verstand, der in den Dingen der Natur wirkt, spricht auch zu den Herzen der Menschen und schafft ein unaussprechliches Verlangen nach etwas, das ihnen fehlt. Die Dinge der Welt können ihre Sehnsucht nicht stillen. Gottes Geist ringt mit ihnen darum, nach dem zu streben, was allein Frieden und Ruhe geben kann – Jesu Gnade, die Freude eines heiligen Lebens. Durch sichtbare und unsichtbare Einflüsse ist unser Heiland unaufhörlich bemüht, die Gedanken der Menschen von den unbefriedigenden Vergnügungen der Sünde weg auf die unendlichen Segnungen zu lenken, die sie in ihm haben können. An alle Menschen, die vergeblich versuchen, aus den trüben Quellen dieser Welt zu trinken, ergeht der Ruf der göttlichen Botschaft: „Wen da dürstet, der komme; und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst.“ (Offenbarung 22,17)
Du, der du dich im Herzen nach etwas Besserem sehnst, als diese Welt dir geben kann, erkenne doch, dass dieses Verlangen die Stimme Gottes ist, die zu deiner Seele spricht! Bitte ihn, dir Reue zu schenken, dir Christus in seiner unendlichen Liebe, in seiner vollkommenen Reinheit zu offenbaren. Der Heiland lebte die Grundsätze des Gesetzes Gottes – Liebe zu Gott und den Menschen – vollkommen aus. Wohltätigkeit, selbstlose Liebe – das war sein Leben. Wenn wir auf ihn sehen, wenn das Licht unseres Heilands auf uns fällt, dann erkennen wir die Sündhaftigkeit unserer eigenen Herzen.
Vielleicht haben wir wie Nikodemus uns selbst damit geschmeichelt, dass unser Leben doch rechtschaffen und unser Charakter fehlerlos sei, und wir meinen, wir brauchten unser Herz vor Gott nicht zu demütigen wie der gewöhnliche Sünder. Doch wenn Christus uns mit seinem Licht erleuchtet, werden wir sehen, wie unrein wir sind. Wir werden die Selbstsucht unserer Motive erkennen, die Feindschaft gegen Gott, die jede Handlung unseres Lebens verunreinigt. Dann werden wir wissen, dass unsere eigene Gerechtigkeit in Wirklichkeit schmutzigen Lumpen gleicht und allein Christi Blut uns vom Schmutz der Sünde reinwaschen und unser Herz erneuern kann, damit es ihm ähnlich wird.
Ein Lichtstrahl der Herrlichkeit Gottes, ein Schimmer der Reinheit Christi, der die Seele durchdringt, macht jeden Schmutzfleck schmerzlich sichtbar und zeigt die Verdorbenheit, die Fehler und Schwächen des menschlichen Charakters. Er macht die unheiligen Wünsche, die Treulosigkeit des Herzens, die Unreinheit der Lippen offenbar. Dem Sünder stehen seine treulosen Handlungen deutlich vor Augen, durch die er das Gesetz Gottes als ungültig dargestellt hat, und er ist betroffen und niedergeschlagen unter dem erforschenden Einfluss des Geistes Gottes. Er verabscheut sich selbst, wenn er den reinen, fleckenlosen Charakter Christi betrachtet.
Als der Prophet Daniel die Herrlichkeit sah, die den himmlischen Boten umgab, der zu ihm gesandt war, überwältigte ihn ein Gefühl seiner eigenen Schwäche und Unvollkommenheit. Er beschreibt die Wirkung dieser wunderbare Szene auf ihn mit den Worten: „Es blieb aber keine Kraft in mir, und mein Aussehen war schlecht, und ich behielt keine Kraft.“ (Daniel 10,8) Wer so tief berührt ist, wird seine eigene Selbstsucht hassen, seine Eigenliebe verabscheuen und durch Christi Gerechtigkeit nach der Herzensreinheit streben, die mit Gottes Gesetz und Christi Charakter im Einklang steht.
Paulus sagt, dass er „im Hinblick auf die Gerechtigkeit im Gesetz“ – soweit es das äußere Verhalten betrifft – „untadelig“ war (Philipper 3,6); doch als er den geistlichen Charakter des Gesetzes erkannte, sah er, dass er ein Sünder war. Nach dem Buchstaben des Gesetzes, wie die Menschen es auf das äußere Leben anwenden, hatte er sich von Sünde enthalten, doch als ihm die tiefe Bedeutung der heiligen Gebote aufging, sah er sich selbst, wie Gott ihn sah, und in Demut beugte er sich vor ihm und bekannte seine Schuld. Er sagt: „Ich aber lebte, als ich noch ohne Gesetz war; als aber das Gebot kam, lebte die Sünde auf, und ich starb.“ (Römer 7,9) Als er das geistliche Wesen des Gesetzes erkannte, sah er die Sünde in ihrer wahren Abscheulichkeit, und seine Selbstgefälligkeit war verschwunden.
Gott sieht nicht alle Sünden als gleich schwer an. Er beurteilt Schuld nach unterschiedlichen Graden, wie es auch die Menschen tun. Doch wie unbedeutend diese oder jene falsche Handlung in den Augen der Menschen auch erscheinen mag, keine Sünde ist in den Augen Gottes gering. Der Mensch urteilt einseitig, unvollkommen, aber Gott bewertet alle Dinge, wie sie wirklich sind. Der Trinker wird verachtet, und ihm wird gesagt, seine Sünde werde ihn aus dem Himmel ausschließen, während Stolz, Selbstsucht und Habsucht nur allzu oft ungetadelt bleiben. Dabei sind gerade diese Sünden Gott besonders widerwärtig, denn sie stehen der Güte seines Wesens entgegen, dieser selbstlosen Liebe, die die Atmosphäre im ganzen ungefallenen Universum ausmacht. Wer in gröbere Sünden fällt, verspürt vielleicht etwas von seiner Schande und Armut und wie sehr er Christi Gnade braucht, aber der Stolz fühlt keinen Mangel und verschließt daher das Herz vor Christus und den unendlichen Segnungen, die zu schenken er kam.
Der arme Zöllner betete: „O Gott, sei mir Sünder gnädig!“ (Lukas 18,13) Er hielt sich selbst für einen sehr sündhaften Menschen – und andere sahen ihn in dem gleichen Licht. Doch er fühlte seine Bedürftigkeit, und mit seiner Last von Sünden und Scham kam er zu Gott und bat um sein Erbarmen. Sein Herz war offen für das Wirken des Geistes Gottes, damit er sein Gnadenwerk an ihm vollbrächte und ihn aus der Macht der Sünde befreite. Das prahlerische, selbstgerechte Gebet des Pharisäers zeigte, dass sein Herz für den Einfluss des Heiligen Geistes verschlossen war. So weit von Gott entfernt konnte er seine eigene Verdorbenheit im Gegensatz zu der Vollkommenheit göttlicher Heiligkeit nicht wahrnehmen. Er fühlte keinen Mangel, und darum empfing er nichts.
Wenn du deine Sündhaftigkeit erkennst, dann warte nicht, bis du dich selbst gebessert hast. Wie viele denken, sie seien nicht gut genug, um zu Christus zu kommen! Meinst du, dass du durch eigene Anstrengungen besser wirst? „Kann wohl ein Mohr seine Haut verwandeln, oder ein Leopard seine Flecken? Dann könnt ihr auch Gutes tun, die ihr gewohnt seid, Böses zu tun!“ (Jeremia 13,23) Nur bei Gott finden wir Hilfe. Wir dürfen nicht warten, bis wir stärker überzeugt sind, bessere Gelegenheiten oder ein heiligeres Wesen haben. Aus uns selbst heraus können wir nichts tun. Wir müssen zu Christus so kommen, wie wir sind.
Aber niemand sollte sich selbst etwas vormachen und meinen, Gott werde in seiner großen Liebe und Barmherzigkeit sogar die retten, die seine Gnade ablehnen. Nur im Licht des Kreuzes kann die außerordentliche Sündhaftigkeit der Sünde gemessen werden. Wenn Menschen betonen, Gott wäre zu gut, um den Sünder zu verdammen, dann lasst sie nach Golgatha schauen. Christus nahm gerade deshalb die Schuld der Ungehorsamen auf sich und litt anstelle des Sünders, weil es keinen anderen Weg gab, durch den der Mensch gerettet werden konnte, weil es ohne dieses Opfer für das Menschengeschlecht unmöglich gewesen wäre, der verderblichen Macht der Sünde zu entkommen und wieder in die Gemeinschaft mit den heiligen Wesen zu gelangen, weil sie keine Möglichkeit hatten, wieder am geistlichen Leben teilzuhaben. Die Liebe, das Leiden und der Tod des Sohnes Gottes bezeugen das entsetzliche Ausmaß der Sünde und dass es aus ihrer Macht kein Entrinnen gibt, keine Hoffnung auf ein höheres Leben, es sei denn, der Mensch unterwirft sich Christus.
Die unbußfertigen Menschen rechtfertigen sich manchmal, indem sie über andere vorgebliche Christen sagen: „Ich bin doch genauso gut wie sie! Sie verhalten sich auch nicht selbstloser, vernünftiger und umsichtiger als ich. Sie lieben das Vergnügen und das eigensüchtige Leben ebenso wie ich.“ So entschuldigen sie ihre eigene Pflichtvernachlässigung mit den Fehlern anderer. Aber die Sünden und Schwächen anderer entschuldigen niemanden, denn der Herr hat uns kein irrendes menschliches Vorbild gegeben. Der makellose Sohn Gottes ist unser Vorbild, und wer sich über das falsche Verhalten von Namenschristen beklagt, sollte selbst ein besseres Leben führen und ein edleres Vorbild sein. Wenn sie eine so hohe Vorstellung davon haben, wie ein Christ sein sollte, ist ihre eigene Sünde dann nicht umso größer? Sie wissen, was richtig ist, und wollen es doch nicht tun.
Hütet euch vor Aufschub! Schiebt das Aufgeben eurer Sünden nicht hinaus. Sucht schon jetzt die Herzensreinheit durch Jesus. In diesem Punkt haben sich schon Tausende geirrt und gingen auf ewig verloren. Ich will hier nicht näher auf die Kürze und Unsicherheit des Lebens eingehen, aber es gibt eine schreckliche Gefahr – eine Gefahr, die nicht genügend verstanden wird –, nämlich damit zu warten, der bittenden Stimme von Gottes Heiligem Geist nachzugeben und so ein Leben in Sünde zu wählen. Denn das bedeutet dieser Aufschub in Wirklichkeit. Wie klein die Sünde auch scheinen mag, wer ihr nachgibt, läuft Gefahr, unendlich viel zu verlieren. Was wir nicht überwinden, wird uns überwinden und unsere Vernichtung bewirken.
Adam und Eva redeten sich ein, eine so geringfügige Sache, wie die verbotene Frucht zu essen, könne doch keine so schrecklichen Folgen haben, wie Gott gesagt hatte. Aber diese „Kleinigkeit“ war eine Übertretung des unveränderlichen und heiligen Gesetzes Gottes. Sie trennte den Menschen von Gott und öffnete die Schleusentore des Todes und unaussprechlichen Leides für unsere Welt. Durch alle Generationen hindurch ist von unserer Erde ein unaufhörliches Wehklagen aufgestiegen. Die ganze Schöpfung „seufzt mit und liegt mit in Wehen“ (Römer 8,22), weil der Mensch ungehorsam war. Der Himmel selbst hat die Auswirkungen seiner Rebellion gegen Gott zu spüren bekommen. Golgatha steht als Mahnmal für das unglaubliche Opfer, das erforderlich war, um die Übertretung des göttlichen Gesetzes zu sühnen. Lasst uns die Sünde nicht als etwas Geringfügiges betrachten!
Jede Übertretung, jede Vernachlässigung oder Zurückweisung von Christi Gnade wirkt auf dich selbst zurück. Sie verhärtet das Herz, verdirbt den Willen, lähmt den Verstand. Sie macht uns nicht nur immer weniger bereit, dem liebevollen Bitten des Heiligen Geistes Gottes nachzugeben, sondern wir werden auch immer weniger fähig dazu.
Viele besänftigen ihr beunruhigtes Gewissen mit dem Gedanken, sie könnten ihren sündigen Kurs jederzeit ändern. Auch wenn sie mit den Einladungen der Gnade leichtfertig umgehen, würden sie doch immer wieder angesprochen werden. Sie meinen, in einer Zeit äußerster Not könnten sie das Ruder noch herumreißen, auch wenn sie den Geist der Gnade jetzt nicht beachten und mit ihrem Einfluss vorerst noch auf Satans Seite wirken. Aber so einfach ist das nicht. Die Erfahrungen und Erziehung eines ganzen Lebens haben den Charakter so gründlich geprägt, dass nur wenige sich dann noch wünschen, Jesus ähnlich zu werden.
Nur ein einziger falscher Charakterzug, ein einziges sündiges, beharrlich gepflegtes Verlangen wird schließlich die ganze Kraft des Evangeliums aufheben. Jede sündhafte Befriedigung stärkt die Abneigung des Menschen gegen Gott. Wer in zähem Unglauben verharrt oder in stumpfer Gleichgültigkeit gegenüber der göttlichen Wahrheit, der erntet nur, was er selbst gesät hat. In der ganzen Bibel gibt es keine schrecklichere Warnung vor dem leichtfertigen Umgang mit dem Bösen als die Worte des weisen Mannes, dass der Sünder „von den Stricken seiner Sünde festgehalten wird“ (Sprüche 5,22).
Christus ist bereit, uns von der Sünde zu befreien, doch er lässt uns den freien Willen; und wenn der Wille durch ständige Übertretung nur noch auf Böses aus ist, wenn wir nicht befreit werden wollen und seine Gnade nicht annehmen möchten – was kann er dann noch tun? Durch die entschiedene Zurückweisung seiner Liebe haben wir uns selbst zerstört. „Siehe, jetzt ist die angenehme Zeit; siehe, jetzt ist der Tag des Heils.“ (2. Korinther 6,2) „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.“ (Hebräer 3,7.8)
„Der Mensch sieht auf das, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an“ (1. Samuel 16,7) – das menschliche Herz mit seinen widerstreitenden Gefühlen von Freude und Schmerz, das irregehende, eigensinnige Herz, in dem so viel Unreinheit und Falschheit wohnen. Er kennt seine Beweggründe, seine tiefsten Absichten und Ziele. Geh zu ihm mit deiner Seele, schmutzig wie sie ist. Öffne ihre Kammern dem alles sehenden Auge Gottes so wie der Psalmist: „Erforsche mich, o Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich es meine; und sieh, ob ich auf bösem Weg bin, und leite mich auf dem ewigen Weg.“ (Psalm 139,23.24)
Viele nehmen einen Verstandesglauben an, eine fromme Form, ohne dass ihr Herz gereinigt wurde. Doch lasst uns beten: „Erschaffe mir, o Gott, ein reines Herz; und gib mir von neuem einen festen Geist in meinem Innern.“ (Psalm 51,12) Sei ehrlich mit dir selbst. Sei so gewissenhaft, so ausdauernd, als stünde dein irdisches Leben auf dem Spiel. Dies ist eine Sache, die zwischen Gott und dir selbst in Ordnung gebracht werden muss, geklärt für die Ewigkeit. Eine nur vermeintliche Hoffnung wird sich als dein Ruin erweisen.
Studiere Gottes Wort unter Gebet. Dieses Wort zeigt dir in Gottes Gesetz und in Christi Leben die hohen Grundsätze der Heiligkeit, ohne die „niemand den Herrn sehen wird“ (Hebräer 12,14). Es überzeugt von Sünde, es offenbart klar den Weg der Erlösung. Beachte es als Gottes Stimme, die zu deiner Seele spricht.
Und wenn du das furchtbare Ausmaß der Sünde erkennst, wenn du dich selbst so siehst, wie du wirklich bist, dann gib nicht auf und verzweifle nicht! Christus kam, um die Sünder zu retten. Wir müssen nicht Gott mit uns versöhnen, sondern – o wunderbare Liebe! – Gott „versöhnte die Welt in Christus mit sich selbst“ (2. Korinther 5,19). Mit inniger Liebe wirbt er um die Herzen seiner irrenden Kinder. Keine irdischen Eltern könnten mit der Schuld und den Fehlern ihrer Kinder so geduldig sein, wie es Gott mit denen ist, die er retten möchte. Niemand könnte liebevoller um den Übertreter werben. Keine menschlichen Lippen könnten inniger um den Verirrten flehen. Alle seine Verheißungen und Warnungen sind nichts anderes als der Ausdruck unaussprechlicher Liebe.
Wenn Satan kommt und dir sagen will, dass du ein großer Sünder bist, dann blicke auf zu deinem Heiland und rede von seinen Verdiensten. Schau in sein Licht, das allein wird dir helfen. Gib deine Sünde zu, doch sage dem Feind, dass „Christus in die Welt gekommen ist, um die Sünder zu retten“ (1. Timotheus 1,15), und dass du durch seine unvergleichliche Liebe errettet werden kannst. Als Jesus über die zwei Schuldner sprach, stellte er Simon eine Frage. Der eine Schuldner schuldete seinem Herrn eine kleine Summe, der andere eine sehr große, doch beiden wurde sie erlassen. Christus fragte Simon, welcher Schuldner seinen Herrn am meisten lieben würde. Simon antwortete: „Der, dem er am meisten geschenkt hat.“ (Lukas 7,43) Wir sind große Sünder gewesen, aber Christus starb, damit uns vergeben werden kann. Die Verdienste seines Opfers reichen aus, um sie dem Vater zu unseren Gunsten darzubringen. Die Menschen, denen er am meisten vergeben hat, werden ihn am meisten lieben, und sie werden seinem Thron am nächsten stehen und ihn für seine große Liebe und sein unendliches Opfer preisen. Genau dann, wenn wir die Liebe Gottes am völligsten begreifen, erkennen wir, wie sündig die Sünde wirklich ist. Wenn wir sehen, wie lang das Seil ist, das für uns herabgelassen wurde, wenn wir etwas von dem unendlichen Opfer verstehen, das Christus für uns gebracht hat, wird das Herz in Liebe und Reue dahinschmelzen.
4 Bekenntnis der Sünden
„Wer seine Sünde verheimlicht, dem wird es nicht gelingen, wer sie aber bekennt und lässt, der wird Barmherzigkeit erlangen.“ (Sprüche 28,13)
Die Bedingungen, unter denen wir Gottes Barmherzigkeit erlangen, sind einfach, gerecht und vernünftig. Der Herr verlangt von uns nichts Schweres, um Vergebung der Sünden zu erhalten. Wir brauchen keine langen und ermüdenden Pilgerreisen zu unternehmen oder uns quälenden Bußübungen zu unterziehen, um uns bei dem Gott des Himmels zu empfehlen oder unsere Übertretungen zu sühnen, denn „wer … seine Sünde bekennt und lässt, der wird Barmherzigkeit erlangen“ (Sprüche 28,13).
Der Apostel sagt: „Bekennet denn einander die Verfehlungen und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet.“ (Jakobus 5,16; unrev. Elb.) Bekennt eure Sünden Gott, der sie allein vergeben kann, und einander euer Verschulden. Wenn du deinen Freund oder Nächsten gekränkt hast, dann musst du dieses Unrecht bekennen, und er hat die Pflicht, dir freien Herzens zu vergeben. Dann bitte Gott um Vergebung, denn der Bruder, den du verletzt hast, ist Gottes Eigentum, und indem du ihm geschadet hast, hast du gegen seinen Schöpfer und Erlöser gesündigt. Der Fall wird vor den einzig wahren Mittler gebracht, unseren großen Hohepriester, der „in allen Dingen versucht worden ist so wie wir, doch ohne Sünde“, der „mit unseren Schwachheiten mitfühlt“ (Hebräer 4,15) und uns von jedem Schandflecken der Ungerechtigkeit reinigen kann. Wer sich vor Gott nicht gedemütigt und zu seiner Schuld bekannt hat, hat die erste Bedingung der Annahme noch nicht erfüllt. Wenn wir diese Reue, „die man nicht bereuen muss“ (2. Korinther 7,10), nicht erfahren haben, wenn wir nicht mit wahrer Herzensdemut und einem zerbrochenen Geist unsere Sünden bekannt haben und unsere Schandtaten verabscheuen, haben wir niemals wirklich nach Vergebung der Sünde gesucht. Und wenn wir nie danach gesucht haben, haben wir auch nie den Frieden Gottes gefunden. Der einzige Grund, warum unsere vergangenen Sünden nicht erlassen wurden, besteht darin, dass wir nicht bereit sind, unsere Herzen zu demütigen und den Bedingungen des Wortes der Wahrheit nachzukommen. Darüber wurden uns deutliche Anweisungen gegeben. Ein Sündenbekenntnis, ob öffentlich oder privat, sollte aus tiefstem Herzen kommen und freimütig bekannt werden. Der Sünder darf nicht dazu gedrängt werden. Es darf nicht leichtfertig und gleichgültig geschehen oder Menschen aufgezwungen werden, die das abscheuliche Wesen der Sünde noch nicht erkennen. Ein Bekenntnis aus der Tiefe der Seele findet seinen Weg zu dem Gott unendlichen Erbarmens. Der Psalmist sagt: „Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die zerschlagenen Geistes sind.“ (Psalm 34,18)
Ein echtes Bekenntnis ist immer konkret und bekennt die einzelnen Sünden. Es können Sünden sein, die man nur vor Gott allein bringen muss; es kann Unrecht sein, das man denjenigen Personen bekennen muss, die dadurch Schaden erlitten haben; oder es können Sünden sein, die in der Öffentlichkeit begangen wurden, die dann auch öffentlich bekannt werden sollten. Aber jedes Bekenntnis sollte eindeutig sein, auf den Punkt gebracht werden und genau die Sünden beinhalten, derer man sich schuldig gemacht hat.
Zur Zeit Samuels wichen die Israeliten von Gott ab. Sie erlitten die Folgen der Sünde, denn sie hatten ihren Glauben an Gott verloren und konnten nicht mehr erkennen, wie weise und kraftvoll er das Volk regierte. Sie trauten ihm nicht mehr zu, seine Sache zu schützen und zu verteidigen. Sie wandten sich von dem großen Herrscher des Universums ab und wollten so wie die Völker um sie herum regiert werden. Bevor sie Frieden fanden, bekannten sie deutlich: „Denn zu allen unseren Sünden haben wir noch die Bosheit hinzugefügt, dass wir für uns einen König begehrten.“ (1. Samuel 12,19) Sie mussten genau die Sünde bekennen, die ihnen bewusst geworden war. Ihre Undankbarkeit bedrückte ihre Seelen und trennte sie von Gott.
Gott kann unser Bekenntnis nicht annehmen, wenn wir die Sünde nicht ernstlich bereuen und uns nicht bessern. Entschiedene Veränderungen müssen im Leben stattfinden. Es gilt, alles abzulegen, was Gott missfällt. Dies wird die Folge aufrichtiger Reue sein. Uns wird deutlich gesagt, was wir selbst tun müssen: „Wascht, reinigt euch! Tut das Böse, das ihr getan habt, von meinen Augen hinweg; hört auf, Böses zu tun! Lernt Gutes tun, trachtet nach dem Recht, bestraft den Gewalttätigen, schafft der Waise Recht, führt den Rechtsstreit für die Witwe.“ (Jesaja 1,16.17) „Wenn der Gottlose das Pfand wiedergibt, den Raub zurückerstattet und in den Satzungen des Lebens wandelt, ohne Unrecht zu tun, so soll er gewisslich leben und nicht sterben.“ (Hesekiel 33,15) Paulus sagt über die Reue: „Denn siehe, wie viel ernstes Bemühen hat dies bei euch bewirkt, dass ihr in gottgewollter Weise betrübt worden seid, dazu Verantwortung, Entrüstung, Furcht, Verlangen, Eifer, Bestrafung! Ihr habt in jeder Hinsicht bewiesen, dass ihr in der Sache rein seid.“ (2. Korinther 7,11)
Wenn die Sünde das Gewissen abgestumpft hat, dann erkennt der Missetäter seine Charaktermängel nicht und nimmt auch nicht wahr, wie schlimm seine bösen Taten sind. Und solange er sich der überzeugenden Kraft des Heiligen Geistes nicht hingibt, bleibt er gegenüber seiner Sünde teilweise blind. Seine Bekenntnisse sind nicht aufrichtig und ernst gemeint. Jedem Schuldbekenntnis fügt er eine rechtfertigende Entschuldigung hinzu und erklärt, er habe diese oder jene gerügte Tat nur aufgrund bestimmter Umstände getan.
Nachdem Adam und Eva von der verbotenen Frucht gegessen hatten, erfüllte sie ein Gefühl von Scham und Entsetzen. Ihr erster Gedanke war, wie sie ihre Sünde entschuldigen und dem gefürchteten Todesurteil entkommen könnten. Als der Herr sie wegen ihrer Sünde befragte, legte Adam in seiner Antwort die Schuld teils auf Gott und teils auf seine Gefährtin: „Die Frau, die du mir zur Seite gegeben hast, die gab mir von dem Baum, und ich aß.“ Die Frau schob die Schuld auf die Schlange und sagte: „Die Schlange hat mich verführt; da habe ich gegessen.“ (1. Mose 3,12.13) Warum hast du die Schlange geschaffen? Warum hast du sie in den Garten Eden kommen lassen? Diese Fragen waren in der Entschuldigung für ihre Sünde enthalten, und somit machten sie Gott für ihre Übertretung verantwortlich. Der Geist der Selbstrechtfertigung hat seinen Ursprung im Vater der Lügen und zeigt sich bei allen Söhnen und Töchtern Adams. Solche Bekenntnisse sind nicht durch Gottes Geist gewirkt und werden von Gott nicht angenommen. Wahre Reue wird einen Menschen dazu führen, seine Schuld selbst zu tragen und sich ohne Täuschung und Heuchelei zu ihr zu bekennen. Wie der arme Zöllner, der nicht einmal wagte, seine Augen zum Himmel zu erheben, wird er ausrufen: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ (Lukas 18,13) Alle, die sich zu ihrer Schuld bekennen, werden gerechtfertigt, denn Jesus tritt für jede bußfertige Seele mit seinem eigenen Blut ein.
Die Beispiele von echter Reue und Demütigung in Gottes Wort offenbaren einen Geist des Bekennens, wo die Sünde nicht entschuldigt wird und man nicht versucht, sich selbst zu rechtfertigen. Paulus versuchte nicht, sich zu schützen. Er schilderte seine Sünde in den schwärzesten Farben und bemühte sich nicht, seine Schuld abzuschwächen. Er sagte: „Viele der Heiligen ließ ich ins Gefängnis schließen, wozu ich von den obersten Priestern die Vollmacht empfangen hatte, und wenn sie getötet werden sollten, gab ich die Stimme dazu. Und in allen Synagogen wollte ich sie oft durch Strafen zur Lästerung zwingen, und über die Maßen wütend gegen sie, verfolgte ich sie sogar bis in die auswärtigen Städte.“ (Apostelgeschichte 26,10.11) Er zögerte nicht zu sagen, dass „Christus Jesus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu retten, von denen ich der größte bin.“ (1. Timotheus 1,15)
Das demütige und zerbrochene, durch aufrichtige Reue überwältigte Herz wird etwas von der Liebe Gottes und dem Preis von Golgatha wertzuschätzen wissen; und so wie ein Sohn seine Schuld vor seinem liebenden Vater bekennt, wird auch der wahrhaft reumütige Mensch alle seine Sünden vor Gott bringen. Es steht geschrieben:
„Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“ (1. Johannes 1,9)
5 Hingabe
Gott verheißt: „Ihr werdet mich suchen und finden, wenn ihr von ganzem Herzen nach mir verlangen werdet.“ (Jeremia 29,13)
Nur wenn wir Gott unser ganzes Herz geben, kann in uns die Veränderung bewirkt werden, durch die wir ihm wieder ähnlich werden. Von Natur aus sind wir Gott entfremdet. Der Heilige Geist beschreibt unseren Zustand als „tot in Übertretungen und Sünden“ (Epheser 2,1). „Das ganze Haupt ist krank, und das ganze Herz ist wund … nichts Unversehrtes [ist] an ihm“ (Jesaja 1,5.6). Wir sind in Satans Schlingen „lebendig gefangen…für seinen Willen“ (2. Timotheus 2,26). Gott möchte uns heilen, uns befreien. Doch weil dafür eine völlige Umwandlung, eine Erneuerung unserer ganzen Natur notwendig ist, müssen wir uns ihm ganz übergeben.
Der Kampf gegen das eigene Ich ist der größte Kampf, der jemals ausgefochten wird. Sich selbst hinzugeben, alles dem Willen Gottes zu übergeben, kostet Überwindung; aber erst wenn die Seele sich Gott unterwirft, kann sie zur Heiligkeit erneuert werden.
Die Regierung Gottes ist keine Willkürherrschaft, die blinden Gehorsam fordert, wie Satan den Eindruck erwecken will. Sie wendet sich an den Verstand und das Gewissen. „Kommt, lasst uns miteinander rechten“ (Jesaja 1,18), ist die Einladung des Schöpfers an die Wesen, die er gemacht hat. Gott achtet den Willen seiner Geschöpfe. Er kann keine Ehrerbietung annehmen, die nicht gern und mit Verstand dargebracht wird. Ein lediglich erzwungener Gehorsam würde jede echte geistige oder charakterliche Entwicklung verhindern. Er würde den Menschen zu einer Marionette machen. Das ist aber nicht die Absicht des Schöpfers. Er möchte, dass der Mensch, die Krönung seiner schöpferischen Macht, die höchstmögliche Entwicklungsstufe erreicht. Er führt uns den unermesslichen Segen vor Augen, den er uns durch seine Gnade schenken möchte. Er lädt uns ein, uns ihm ganz hinzugeben, damit er sein Werk in uns vollbringen kann.
Die Entscheidung liegt bei uns, ob wir von der Knechtschaft der Sünde befreit werden wollen, um an der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes teilzuhaben.
Sich Gott hinzugeben, heißt, alles aufzugeben, was uns von ihm trennen würde. Deshalb sagt der Heiland: „So kann auch keiner von euch mein Jünger sein, der nicht allem entsagt, was er hat.“ (Lukas 14,33) Was auch immer das Herz von Gott wegziehen mag – wir müssen es aufgeben. Viele Menschen dienen dem Götzen Mammon. Die Liebe zum Geld und der Wunsch nach Reichtum und Besitz binden sie wie eine goldene Kette an Satan. Andere streben nach Ansehen und weltlicher Ehre. Wieder andere wollen ein selbstsüchtiges, bequemes Leben frei von Verantwortung führen. Aber diese versklavenden Bande müssen gelöst werden. Wir können nicht halb dem Herrn und halb der Welt gehören. Wir sind nur dann Gottes Kinder, wenn wir es ganz sind.
Manche Menschen behaupten, Gott zu dienen, doch gleichzeitig vertrauen sie ihren eigenen Anstrengungen, sein Gesetz zu befolgen, einen guten Charakter zu entwickeln und Erlösung zu erlangen. Ihre Herzen werden nicht von einem tiefen Bewusstsein der Liebe Christi bewegt. Dagegen versuchen sie, die Pflichten des christlichen Lebens als etwas zu erfüllen, was Gott von ihnen verlangt, um den Himmel zu gewinnen. So ein Glaube ist wertlos. Wenn Christus im Herzen wohnt, wird der Mensch so sehr von seiner Liebe erfüllt sein, von der Freude an der Gemeinschaft mit ihm, dass er sich eng an ihn hält; und indem er über ihn nachsinnt, ihn betrachtet, ist das Ich vergessen. Die Liebe zu Christus ist die Quelle jeder Handlung. Menschen, die die drängende Liebe Gottes spüren, fragen nicht danach, wie wenig sie tun müssen, um Gottes Forderungen zu erfüllen. Sie fragen nicht nach den geringsten Anforderungen, sondern streben danach, mit dem Willen des Erlösers vollkommen übereinzustimmen. Mit ernstem Verlangen geben sie alles hin und zeigen ein Interesse, das dem Wert des Zieles entspricht, das sie erstreben. Ein Bekenntnis zu Christus ohne diese tiefe Liebe ist leeres Gerede, eine bloße Form und schwere Plackerei.
Meinst du, es sei ein zu großes Opfer, Christus alles zu übergeben? Dann frage dich selbst: „Was hat Christus für mich gegeben?“ Der Sohn Gottes gab alles – sein Leben, seine Liebe, sein Leiden –, um uns zu erlösen. Kann es dann sein, dass wir, die unwürdigen Empfänger so großer Liebe, ihm unsere Herzen vorenthalten? Jeden Augenblick unseres Lebens durften wir die Segnungen seiner Gnade genießen, und deshalb können wir gar nicht völlig erfassen, aus welch großer Unwissenheit und tiefem Elend wir herausgerettet worden sind. Können wir auf ihn sehen, den unsere Sünden durchbohrt haben, und dennoch all seiner Liebe und seinem Opfer trotzen? Sollten wir in Anbetracht der grenzenlosen Erniedrigung und Demütigung des Herrn der Herrlichkeit darüber murren, dass wir nur durch Kampf und Selbsterniedrigung zum Leben eingehen können?
Viele Menschen fragen in ihrem Stolz: „Warum muss ich erst Buße tun und mich demütigen, bevor ich mir der Annahme bei Gott gewiss sein kann?“ Schau auf Christus. Er war sündlos, und mehr noch, er war der Fürst des Himmels. Doch um des Menschen willen wurde er zur Sünde gemacht. „Er ließ sich unter die Übeltäter zählen und hat die Sünden vieler getragen und für die Übeltäter gebetet.“ (Jesaja 53,12)
Was geben wir denn auf, wenn wir alles geben? Ein von Sünde verunreinigtes Herz, damit Jesus es reinigt, in seinem eigenen Blut reinwäscht und durch seine unvergleichliche Liebe rettet. Und doch denken die Menschen, es sei schwer, alles aufzugeben! Ich schäme mich, so etwas zu hören, und ich schäme mich, es niederzuschreiben.
Gott verlangt nicht von uns, irgendetwas aufzugeben, was uns zum Besten dient. In allem, was er tut, hat er das Wohlergehen seiner Kinder im Sinn. Wenn doch alle, die sich nicht für Christus entschieden haben, erkennen könnten, dass er ihnen etwas weitaus Besseres anbietet, als sie selbst suchen und erstreben! Der Mensch fügt seiner Seele den größten Schaden und das größte Unrecht zu, wenn er entgegen dem Willen Gottes denkt und handelt. Auf Wegen, die er verboten hat, kann man keine wahre Freude finden, denn nur er weiß, was das Beste ist. Er plant zum Wohl seiner Geschöpfe. Der Weg der Übertretung ist der Weg des Elends und des Verderbens.
Es ist falsch zu denken, Gott sehe seine Kinder gerne leiden. Der ganze Himmel wünscht sich das Glück der Menschen. Unser himmlischer Vater versperrt keinem seiner Geschöpfe den Weg zur Freude. Die göttlichen Forderungen rufen uns auf, uns von jenen „Freuden“ fernzuhalten, die Leid und Enttäuschung bringen und das Tor zum Glück und zum Himmel verschließen. Der Erlöser der Welt nimmt die Menschen so an, wie sie sind, mit all ihren Mängeln, Unvollkommenheiten und Schwächen. Er wird uns nicht nur von Sünde reinigen und durch sein Blut erlösen, sondern auch die Herzenssehnsucht aller stillen, die bereitwillig sein „Joch“ auf sich nehmen und seine „Last“ tragen. Er möchte allen Frieden und Ruhe schenken, die mit dem Verlangen nach dem „Brot des Lebens“ zu ihm kommen. Er legt uns nur jene Pflichten auf, die uns zu einer so tiefen Freude führen, wie die Ungehorsamen sie niemals erleben können. Das wahre, von Freude erfüllte Leben besteht darin, dass Christus, die Hoffnung der Herrlichkeit, im Inneren Gestalt gewonnen hat.
Viele fragen: „Wie kann ich mich Gott übergeben?“ Du möchtest dich ihm hingeben, aber du hast kaum moralische Kraft, bist von Zweifeln gefangen und wirst von den Gewohnheiten deines sündigen Lebens beherrscht. Deine Versprechen und Vorsätze sind auf Sand gebaut. Du kannst deine Gedanken, Impulse und Gefühle nicht beherrschen. Das Wissen um deine gebrochenen Versprechen und nicht eingehaltenen Zusagen schwächt dein Vertrauen in deine eigene Aufrichtigkeit, und deswegen meinst du, Gott könne dich nicht annehmen. Aber du brauchst nicht zu verzweifeln – du musst die wahre Kraft des Willens verstehen! Der Wille ist die Steuerinstanz in der Natur des Menschen. Er ist die Fähigkeit, eine Entscheidung oder Wahl zu treffen. Alles hängt vom richtigen Einsatz des Willens ab. Gott hat dem Menschen die Fähigkeit gegeben, Entscheidungen zu treffen; es liegt am Menschen selbst, sie einzusetzen. Du kannst dein Herz nicht verändern. Aus dir selbst heraus kannst du Gott nicht lieben. Aber du kannst dich entscheiden, ihm zu dienen. Du kannst ihm deinen Willen übergeben. Dann wird er in dir das Wollen und das Vollbringen schaffen nach seinem Wohlgefallen. So wird dein ganzes Wesen von Christi Geist geleitet werden, er wird in deiner Liebe den ersten Platz einnehmen, und deine Gedanken werden mit ihm im Einklang stehen.
Es ist richtig, sich nach Güte und Heiligkeit zu sehnen. Bleibt es aber nur ein frommer Wunsch, nützt es dir nichts. Viele Menschen werden verloren gehen, obwohl sie hoffen und wünschen, Christen zu sein. Aber sie kommen nicht an den Punkt, wo sie ihren Willen Gott übergeben. Sie entscheiden sich nicht dafür, Christen zu sein.
Wenn du den Willen richtig einsetzt, kann sich dein Leben völlig verändern. Übergibst du deinen Willen Christus, verbindest du dich mit der Macht, die über allen Fürstentümern und Gewalten steht. Du erhältst Kraft von oben, die dich standhaft hält, und auf diese Weise wirst du durch beständige Hingabe an Gott befähigt, ein neues Leben zu führen, ein Leben des Glaubens.
6 Glaube und Annahme
Wenn dein Gewissen durch den Heiligen Geist belebt wird, erkennst du etwas von der Bösartigkeit der Sünde, ihrer Macht, ihrer Schuld, ihrem Leid, und du betrachtest sie mit Abscheu. Du spürst, dass die Sünde dich von Gott getrennt hat und du von der Macht des Bösen gefangen bist. Je mehr du darum kämpfst, ihr zu entkommen, desto mehr erkennst du deine Hilflosigkeit. Deine Motive und dein Herz sind unrein. Du siehst, dass dein Leben voll Selbstsucht und Sünde ist, und nun sehnst du dich danach, Vergebung zu erhalten, gereinigt und befreit zu werden. Doch was kannst du tun, um wieder mit Gott in Einklang zu kommen und ihm ähnlich zu werden?
Was du brauchst, ist Frieden – die Vergebung des Himmels und Frieden und Liebe im Herzen. Diese Dinge kannst du mit Geld nicht kaufen, mit dem Verstand nicht erreichen, mit Weisheit nicht erlangen. Aus eigenen Anstrengungen kannst du es niemals schaffen – es ist hoffnungslos. Aber Gott bietet sie dir „ohne Geld und umsonst“ an (Jesaja 55,1), als ein Geschenk. Sie gehören dir, wenn du nur deine Hand ausstreckst und sie ergreifst. Der Herr sagt: „Wenn eure Sünden wie Scharlach sind, sollen sie weiß werden wie Schnee; wenn sie rot sind wie Karmesin, sollen sie weiß wie Wolle werden.“ (Jesaja 1,18) „Ich will euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres legen.“ (Hesekiel 36,26)
Du hast deine Sünden bekannt und auch im Herzen aufgegeben. Du hast dich entschlossen, dich Gott zu übergeben. Nun geh zu ihm und bitte ihn, deine Sünden abzuwaschen und dir ein neues Herz zu schenken. Glaube dann, dass er es tut, weil er es versprochen hat. Genau das lehrte Jesus, als er auf der Erde war: Wir müssen glauben, dass wir das von Gott verheißene Geschenk empfangen, dann gehört es uns. Jesus heilte die Menschen von ihren Krankheiten, wenn sie an seine Macht glaubten. Er half ihnen in den Dingen, die sie sehen konnten, und weckte so ihr Vertrauen in die Dinge, die für sie unsichtbar waren. Auf diese Weise führte er sie dahin, an seine Sünden vergebende Macht zu glauben. Dies zeigte er deutlich bei der Heilung des Gelähmten:
„Damit ihr aber wisst, dass der Sohn des Menschen Vollmacht hat, auf Erden Sünden zu vergeben – sprach er zu dem Gelähmten: Steh auf, nimm deine Liegematte und geh heim!“ (Matthäus 9,6) Das sagt auch der Evangelist Johannes, wenn er über die Wunder Christi spricht: „Diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus, der Sohn Gottes ist, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.“ (Johannes 20,31)
Aus dem einfachen Bericht der Bibel, wie Jesus die Kranken heilte, können wir etwas darüber lernen, wie wir an ihn glauben müssen, um Vergebung unserer Sünden zu erhalten. Denken wir nur an die Geschichte des Gelähmten in Bethesda. Der arme Leidende war hilflos. Er hatte seine Arme und Beine 38 Jahre lang nicht benutzt. Dennoch bat ihn Jesus: „Steh auf, nimm dein Bett und geh umher.“ (Johannes 5,8) Der kranke Mann hätte sagen können: „Herr, wenn du mich gesund machst, will ich deinem Wort gehorchen.“ Aber nein, er glaubte dem Wort Christi, er glaubte, dass er gesund geworden war und unternahm sofort Anstrengungen. Er wollte gehen, und er ging. Er handelte auf Christi Wort hin, und Gott schenkte die Kraft dazu. Er war gesund geworden!
Genauso ist es mit dir und deiner Sünde. Du kannst deine vergangenen Sünden nicht wieder gut machen. Du kannst dein Herz nicht ändern und dich selbst heilig machen. Aber Gott verheißt, das alles für dich durch Christus zu tun. Du glaubst dieser Zusage. Du bekennst deine Sünden und übergibst dich Gott. Du willst ihm dienen.
Und ebenso sicher, wie du dies tust, wird auch Gott sein Wort an dir erfüllen. Wenn du der Verheißung glaubst – wenn du glaubst, dass dir vergeben wurde und du gereinigt bist – dann macht Gott es wahr. Du wirst gesund gemacht, geradeso wie Christus dem Gelähmten die Kraft zum Gehen gab, als der Mann glaubte, dass er geheilt war. Es ist so, wenn du es glaubst.
Warte nicht, bis du fühlst, dass du geheilt bist, sondern sage: „Ich glaube daran. Es ist so, nicht weil ich es fühle, sondern weil Gott es verheißen hat.”
Jesus sagt: „Alles, was ihr auch immer im Gebet erbittet, glaubt, dass ihr es empfangt, so wird es euch zuteil werden.” (Markus 11,24) Dieses Versprechen hat eine Bedingung: Wir müssen nach dem Willen Gottes bitten. Doch es ist ja der Wille Gottes, uns von der Sünde zu reinigen, uns zu seinen Kindern zu machen und uns zu befähigen, ein heiliges Leben zu führen. Deshalb dürfen wir um diese Segnungen bitten, glauben, dass wir sie empfangen, und Gott danken, dass wir sie erhalten haben. Es ist unser Vorrecht, zu Jesus zu gehen, gereinigt zu werden und ohne Scheu und Gewissensbisse vor dem Gesetz zu stehen. „So gibt es jetzt keine Verdammnis mehr für die, welche in Christus Jesus sind, die nicht gemäß dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist.“ (Römer 8,1)
Von nun an gehörst du nicht dir selbst; du bist mit einem Preis erkauft worden. „Ihr seid nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold losgekauft worden … sondern mit dem kostbaren Blut Christi, als eines makellosen und unbefleckten Lammes.“ (1. Petrus 1,18.19) Durch diesen einfachen Glaubensakt hat der Heilige Geist ein neues Leben in deinem Herzen hervorgebracht. Du bist als ein Kind in Gottes Familie hineingeboren, und er liebt dich wie seinen eigenen Sohn.
Entferne dich nicht wieder, nachdem du dich Jesus einmal gegeben hast. Entzieh dich ihm nicht, sondern sage Tag für Tag: „Ich gehöre Christus. Ich habe mich ihm übergeben.“ Bitte ihn, dir seinen Geist zu geben und dich durch seine Gnade zu erhalten und zu bewahren. Genauso wie du dich ihm übergeben und ihm geglaubt hast, dass du sein Kind bist, so lebe nun auch in ihm! Der Apostel sagt: „Wie ihr nun den Herrn Christus Jesus angenommen habt, so lebt auch in ihm.“ (Kolosser 2,6; Luther)
Einige meinen offenbar, sie müssten erst eine Probezeit bestehen und dem Herrn beweisen, dass sie sich gebessert haben, bevor sie seine Segnungen in Anspruch nehmen können. Aber sie können seinen Segen schon jetzt beanspruchen. Sie brauchen seine Gnade, den Geist Christi, der ihren Schwächen abhilft, sonst können sie dem Bösen nicht widerstehen. Jesus freut sich, wenn wir gerade so zu ihm kommen, wie wir sind: sündig, hilflos, abhängig. Wir können mit all unseren Schwächen, unseren Torheiten, unserer Sündhaftigkeit kommen und in Reue zu seinen Füßen niederfallen. Hierin besteht seine Herrlichkeit: uns mit den Armen seiner Liebe zu umfangen, unsere Wunden zu verbinden und uns von aller Unreinheit zu reinigen.
In diesem Punkt irren Tausende. Sie glauben nicht, dass Jesus ihnen ganz persönlich, ganz individuell vergibt. Sie nehmen Gott nicht beim Wort. Alle, die die Bedingungen erfüllen, haben das Vorrecht, für sich selbst zu wissen, dass jede Sünde uneingeschränkt vergeben ist. Leg doch das Misstrauen beiseite, dass Gottes Versprechen für dich nicht gelten würden! Sie sind für jeden bußfertigen Übertreter bestimmt. Christus hat für Stärke und Gnade gesorgt, die dienende Engel jeder gläubigen Seele bringen. Niemand ist so sündig, dass er nicht Kraft, Reinheit und Gerechtigkeit bei Jesus finden könnte, der für ihn starb. Er wartet nur darauf, ihm seine von Sünde verunreinigten Kleider auszuziehen und ihm das weiße Kleid der Gerechtigkeit anzuziehen. Er lädt ihn ein, zu leben und nicht zu sterben.
Gott handelt mit uns nicht so, wie sterbliche Menschen miteinander umgehen. Seine Gedanken sind Gedanken der Barmherzigkeit, Liebe und des innigsten Mitgefühls. Er sagt: „Der Gottlose verlasse seinen Weg und der Übeltäter seine Gedanken; und er kehre um zu dem Herrn, so wird er sich über ihn erbarmen, und zu unserm Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung.“ (Jesaja 55,7) „Ich tilge deine Übertretungen wie einen Nebel und deine Sünden wie eine Wolke.“ (Jesaja 44,22)
„Ich habe kein Gefallen am Tod dessen, der sterben muss, spricht Gott, der Herr. So kehrt nun um, und ihr sollt leben!“ (Hesekiel 18,32) Satan wartet nur darauf, uns Gottes verheißene Segnungen zu stehlen. Er möchte dem Menschen jeden Hoffnungsschimmer und jeden Lichtstrahl rauben, aber das darfst du nicht zulassen. Hör nicht auf den Versucher, sondern sage: „Jesus ist gestorben, damit ich leben kann. Er liebt mich und will nicht, dass ich verloren gehe. Ich habe einen mitfühlenden himmlischen Vater. Und auch wenn ich seine Liebe missbraucht und seine Segnungen vergeudet habe, werde ich mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und sagen: ,Ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; und ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu heißen; mache mich zu einem deiner Tagelöhner.‘“ Das Gleichnis erzählt dir, wie der verlorene Sohn dann empfangen wurde:
„Als er noch fern war, sah ihn sein Vater und hatte Erbarmen; und er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.“ (Lukas 15,18–20)
Doch selbst dieses Gleichnis, wie feinfühlig und bewegend es auch ist, vermag nicht das unendliche Erbarmen des himmlischen Vaters auszudrücken. Der Herr sagt durch seinen Propheten: „Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt; darum habe ich dich zu mir gezogen, aus lauter Gnade.“ (Jeremia 31,3) Während der Sünder noch fern vom Haus des Vaters ist, sein Vermögen in einem fernen Land verschleudert, sehnt sich das Herz des Vaters nach ihm. Und jedes im Herzen erwachende Verlangen, zu Gott zurückzukehren, ist nichts anderes als das liebevolle Bitten seines Geistes, der wirbt und fleht und den Verirrten zum Herzen seines Vaters zieht, das voller Liebe ist.
Kannst du angesichts der kostbaren Verheißungen der Bibel noch Zweifel hegen? Meinst du wirklich, der Herr würde einen armen Sünder unbarmherzig daran hindern, in Reue zu seinen Füßen niederzufallen, wenn jener sich danach sehnt, heimzukehren und seine Sünden aufzugeben? Weg mit solchen Gedanken! Nichts kann deiner Seele mehr schaden als so eine Vorstellung von unserem himmlischen Vater. Er hasst die Sünde, aber er liebt den Sünder und gab sich selbst in der Person Christi, damit alle, die es wollen, gerettet werden und im Reich der Herrlichkeit ewige Glückseligkeit haben. Gibt es mächtigere und liebevollere Worte als die er selbst wählte, um seine Liebe zu uns auszudrücken? Er sagt: „Kann auch eine Frau ihr Kindlein vergessen, dass sie sich nicht erbarmt über ihren leiblichen Sohn? Selbst wenn sie ihn vergessen sollte – ich will dich nicht vergessen!“ (Jesaja 49,15)
Schau auf, der du zweifelst und bangst, denn Jesus lebt, um für uns einzutreten! Danke Gott für die Gabe seines lieben Sohnes und bete, dass er nicht vergeblich für dich gestorben ist. Der Geist lädt dich heute ein. Komm mit deinem ganzen Herzen zu Jesus, dann kannst du seine Segnungen in Anspruch nehmen.
Liest du die Verheißungen, so denk daran, dass sie Ausdruck unaussprechlicher Liebe und Erbarmens sind. Das große Herz unendlicher Liebe fühlt sich durch grenzenloses Mitgefühl zum Sünder hingezogen. „In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden.“ (Epheser 1,7) Ja, glaube nur, dass Gott dir hilft! Er möchte sein Ebenbild im Menschen wiederherstellen. Wenn du dich mit Bekenntnis und Reue zu ihm wendest, dann wird er sich mit Barmherzigkeit und Vergebung zu dir wenden.
7 Das Zeichen der Gotteskindschaft
„Darum ist jemand in Christo, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden.“
(2. Korinther 5,17; Luther 1912)
Auch wenn ein Mensch nicht die genaue Zeit oder den genauen Ort nennen oder die ganze Kette der Umstände zurückverfolgen kann, die zu seiner Bekehrung geführt haben, heißt das nicht, dass er unbekehrt wäre. Christus sagte zu Nikodemus: „Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.“ (Johannes 3,8) So wie der Wind, der unsichtbar ist, doch dessen Wirkungen man deutlich sehen und fühlen kann, wirkt der Geist Gottes am menschlichen Herzen. Diese erneuernde Kraft, die kein menschliches Auge sehen kann, zeugt ein neues Leben im Inneren. Sie schafft ein neues Wesen im Ebenbild Gottes. Während das Wirken des Geistes still und unmerklich vor sich geht, sind die Auswirkungen doch offensichtlich. Ist das Herz durch den Geist Gottes erneuert, wird das Leben davon Zeugnis geben. Auch wenn wir gar nichts tun können, um unsere Herzen zu ändern und uns selbst mit Gott in Einklang zu bringen; auch wenn wir niemals uns selbst oder unseren guten Werken vertrauen dürfen, wird unser Leben zeigen, ob die Gnade Gottes in uns wohnt. Im Charakter, den Gewohnheiten, den Zielen wird eine Veränderung sichtbar sein. Man wird einen klaren und deutlichen Unterschied zwischen dem sehen, was wir einmal waren und dem, was wir jetzt sind. Der Charakter offenbart sich nicht in gelegentlichen guten oder schlechten Taten, sondern darin, in welche Richtung die gewohnheitsmäßigen Worte und Handlungen gehen.
Es ist wahr, man kann sich auch ohne die erneuernde Kraft Christi äußerlich durchaus korrekt verhalten. Das Streben nach Einfluss und der Wunsch nach Anerkennung können bewirken, dass man ein gut geordnetes Leben führt. Selbstachtung kann uns dazu führen, den Anschein des Bösen zu meiden. Auch ein selbstsüchtiges Herz ist zu großzügigen Taten fähig. Wie können wir dann feststellen, auf welcher Seite wir stehen?
Wem gehört unser Herz? Mit wem beschäftigen sich unsere Gedanken? Über wen sprechen wir gern? Wem gehört unsere innigste Zuneigung, wem unsere besten Kräfte? – Wenn wir Christus gehören, denken wir an ihn. Keine Gedanken sind uns lieber und angenehmer als solche, die sich mit ihm beschäftigen. Alles, was wir haben und sind, ist ihm geweiht. Wir sehnen uns danach, ihm ähnlich zu sein, seinen Geist zu atmen, seinen Willen zu tun und ihm in allen Dingen zu gefallen.
Alle, die eine neue Kreatur in Christus werden, bringen auch die Früchte des Geistes hervor: „Liebe, Freude, Frieden, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung“ (Galater 5,22.23). Sie leben nicht mehr nach ihren früheren Begierden, sondern folgen durch den Glauben an den Sohn Gottes seinen Fußspuren, spiegeln seinen Charakter wider und reinigen sich selbst, wie auch er rein ist. Was sie früher hassten, lieben sie jetzt, und was sie früher liebten, hassen sie nun. Der Stolze und Überhebliche wird sanftmütig und von Herzen demütig. Der Eitle und Anmaßende wird ernsthaft und bescheiden. Der Trinker wird nüchtern und der Lasterhafte rein. Die nichtigen Sitten und Modetrends der Welt werden abgelegt. Christen streben nicht nach „äußerem Schmuck“, sondern nach dem „verborgenen Menschen des Herzens in dem unvergänglichen Schmuck eines sanften und stillen Geistes“ (1. Petrus 3,3.4).
Buße ist nur dann echt, wenn sie Veränderung bewirkt. Wenn der Sünder „das Pfand wiedergibt“ und „den Raub zurückerstattet“ (Hesekiel 33,15), seine Sünden bekennt und Gott und seinen Nächsten liebt, dann kann er gewiss sein, dass er vom Tod zum Leben hindurchgedrungen ist.
Wenn wir als irrende und sündige Wesen zu Christus kommen und seine vergebende Gnade empfangen, erwacht Liebe in unseren Herzen. Jede Last ist leicht, denn das Joch, das Christus uns auflegt, ist einfach zu tragen. Die Pflicht wird zur Freude und das Opfer zum Vergnügen. Der Weg, der vorher in Dunkelheit gehüllt schien, wird durch die Strahlen der Sonne der Gerechtigkeit erleuchtet.
Die Schönheit des Charakters Christi wird in seinen Nachfolgern sichtbar sein. Es war seine Freude, Gottes Willen zu tun. Liebe zu Gott, Eifer für seine Ehre – dies war die bestimmende Kraft im Leben des Heilands. Liebe veredelte alle seine Handlungen und machte sie schön. Die Liebe ist von Gott. Ein Herz, das dem Heiland nicht gehört, kann sie nicht hervorbringen oder erzeugen. Man findet sie nur in dem Herzen, in dem Jesus regiert. „Wir lieben ihn, weil er uns zuerst geliebt hat.“ (1. Johannes 4,19) Ein Herz, das durch die göttliche Gnade erneuert wurde, handelt nach dem Grundsatz der Liebe. Sie verändert den Charakter, lenkt die Impulse, beherrscht die Leidenschaften, überwindet Feindseligkeit und veredelt die Zuneigungen und Gefühle. Diese im Herzen gehegte Liebe versüßt das Leben und übt einen veredelnden Einfluss auf alle um uns herum aus.
Es gibt zwei Irrtümer, vor denen sich die Kinder Gottes besonders in Acht nehmen müssen – vor allem jene, die gerade erst begonnen haben, seiner Gnade zu vertrauen. Der erste, bereits erwähnte besteht darin, auf die eigenen Werke zu schauen, sich auf irgendetwas zu verlassen, was man selbst tun kann, um sich mit Gott in Einklang zu bringen. Wer versucht, durch eigene Werke heilig zu werden, indem er das Gesetz hält, versucht Unmögliches. Alles, was ein Mensch ohne Christus tun kann, ist von Selbstsucht und Sünde verunreinigt. Allein Christi Gnade kann uns durch den Glauben heilig machen.
Der andere, nicht weniger gefährliche Irrtum ist zu glauben, Christus habe den Menschen vom Halten des Gesetzes Gottes befreit und unsere Werke hätten mit unserer Erlösung nichts zu tun, weil wir allein durch den Glauben Christi Gnade empfangen.
Aber bedenke hierbei: Gehorsam ist nicht nur ein äußerliches Befolgen, sondern der Dienst der Liebe. Das Gesetz Gottes ist Ausdruck seines eigenen Wesens, die Verkörperung des großen Prinzips der Liebe und somit die Grundlage seiner Regierung im Himmel und auf Erden. Wenn unsere Herzen in Gottes Ebenbild erneuert wurden, wenn die göttliche Liebe in unsere Seelen eingepflanzt wurde, werden wir dann nicht Gottes Gesetz in die Tat umsetzen? Wenn der Grundsatz der Liebe im Herzen eingepflanzt wurde, wenn der Mensch nach dem Ebenbild dessen erneuert wurde, der ihn geschaffen hat, dann ist die Verheißung des neuen Bundes erfüllt: „Ich will meine Gesetze in ihre Herzen geben und sie in ihre Sinne schreiben.“ (Hebräer 10,16) Und wenn das Gesetz im Herzen geschrieben steht, wird es dann nicht das Leben formen und gestalten? Gehorsam – aus Liebe zu dienen und aus Liebe Gott treu ergeben zu sein – ist das wahre Zeichen der Gotteskindschaft. Deshalb sagt die Schrift: „Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten.“ (1. Johannes 5,3) „Wer sagt ‚Ich kenne ihn’ und hält seine Gebote nicht, der ist ein Lügner, und in diesem ist die Wahrheit nicht.“
(1. Johannes 2,4; unrev. Elb.) Anstatt den Menschen vom Gehorsam zu entbinden, ist es der Glaube und der Glaube allein, der uns zu Teilhabern der Gnade Christi macht und zum Gehorsam befähigt.
Wir können die Erlösung nicht mit unserem Gehorsam verdienen, denn sie ist ein freies Geschenk Gottes, das wir durch den Glauben erhalten. Aber Gehorsam ist die Frucht des Glaubens. „Und ihr wisst, dass er erschienen ist, um unsere Sünden hinwegzunehmen; und in ihm ist keine Sünde. Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht; wer sündigt, der hat ihn nicht gesehen und nicht erkannt.“ (1. Johannes 3,5.6) Das ist das wahre Zeichen. Wenn wir in Christus bleiben, wenn Gottes Liebe in uns wohnt, werden unsere Gefühle und Gedanken, unsere Ziele, Absichten und Handlungen mit dem Willen Gottes übereinstimmen, wie er ihn in den Geboten seines heiligen Gesetzes bekundet hat. „Kinder, lasst euch von niemand verführen! Wer die Gerechtigkeit übt, der ist gerecht, gleichwie er gerecht ist.“ (1. Johannes 3,7) Gerechtigkeit definiert sich am Maßstab des heiligen Gesetzes Gottes, wie es in den Zehn Geboten vom Berg Sinai ausgedrückt ist.
Der sogenannte Glaube an Christus, der behauptet, die Menschen wären von der Verpflichtung befreit, Gott gehorsam zu sein, ist kein Glaube, sondern Vermessenheit. „Durch Gnade seid ihr errettet durch den Glauben.“ (Epheser 2,8) Aber „Glauben, wenn er keine Werke hat, ist tot“ (Jakobus 2,17). Jesus sagte von sich selbst, bevor er auf die Erde kam: „Deinen Willen, mein Gott, tue ich gern, und dein Gesetz habe ich in meinem Herzen.“ (Psalm 40,8) Und kurz bevor er wieder in den Himmel fuhr, erklärte er: „Ich habe die Gebote meines Vaters gehalten und bin in seiner Liebe geblieben.“ (Johannes 15,10) Die Schrift sagt: „Und daran erkennen wir, dass wir ihn erkannt haben, wenn wir seine Gebote halten … Wer sagt, dass er in ihm bleibt, der ist verpflichtet, auch selbst so zu wandeln, wie jener gewandelt ist.“ (1. Johannes 2,3–6) „Denn dazu seid ihr berufen, weil auch Christus für uns gelitten und uns ein Vorbild hinterlassen hat, damit ihr seinen Fußstapfen nachfolgt.“ (1. Petrus 2,21)
Die Bedingung für ewiges Leben war zu allen Zeiten dieselbe und ist heute nicht anders als damals im Paradies vor dem Fall unserer ersten Eltern: vollkommener Gehorsam gegenüber dem Gesetz Gottes, vollkommene Gerechtigkeit. Gäbe es ewiges Leben für weniger als das, dann wäre das Glück des ganzen Universums gefährdet. Der Weg wäre offen für die Sünde mit all ihrem Leid und Elend. Die Sünde würde verewigt werden.
Für Adam war es vor dem Fall möglich, durch das Befolgen von Gottes Gesetz einen gerechten Charakter zu bilden. Doch er versagte, und durch seine Sünde ist unser Wesen verdorben, und wir können uns nicht selbst gerecht machen. Weil wir sündhaft und unheilig sind, können wir das heilige Gesetz nicht völlig befolgen. Wir haben keine eigene Gerechtigkeit, mit der wir die Forderungen des Gesetzes Gottes erfüllen könnten. Aber Christus hat uns einen Ausweg geschaffen. Er lebte auf der Erde inmitten der Prüfungen und Versuchungen, denen auch wir begegnen müssen. Er führte ein sündloses Leben. Er starb für uns, und nun bietet er uns an, unsere Sünden zu nehmen und uns seine Gerechtigkeit zu schenken. Wenn du dich ihm übergibst und ihn als deinen Erlöser annimmst, dann wirst du um seinetwillen als gerecht gelten, wie sündhaft dein Leben auch gewesen sein mag. Der Charakter Christi steht anstelle deines Charakters, und du wirst von Gott so angenommen, als hättest du nie gesündigt.
Doch mehr noch: Christus ändert dein Herz, und durch den Glauben wohnt er in deinem Herzen. Du musst durch Glauben und die beständige Übergabe deines Willens an ihn diese Verbindung aufrechterhalten. Solange du das tust, wird er in dir das Wollen und das Vollbringen schaffen nach seinem Wohlgefallen. So kannst du sagen: „Was ich aber jetzt im Fleisch lebe, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.“ (Galater 2,20) Jesus sagte zu seinen Jüngern: „Denn nicht ihr seid es, die reden, sondern der Geist eures Vaters ist es, der durch euch redet.“ (Matthäus 10,20) Wenn dann Christus in dir wirkt, wirst du den gleichen Geist offenbaren und die gleichen Werke tun – Werke der Gerechtigkeit, des Gehorsams.
So haben wir nichts in uns selbst, worauf wir stolz sein könnten. Wir haben keinen Grund, uns selbst zu erhöhen. Unsere Hoffnung liegt allein in Christi Gerechtigkeit, die uns zugerechnet wird, und in dem, was sein Geist nun in uns und durch uns wirkt.
Wenn wir von Glauben sprechen, müssen wir ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal bedenken. Es gibt eine Art „Glaube“, der ganz anders ist als wahrer Glaube. Gottes Existenz und Macht und die Wahrheit seines Wortes sind Tatsachen, die sogar Satan und sein Heer im Grunde nicht leugnen können. Die Bibel sagt, dass „auch die Dämonen glauben und zittern“ (Jakobus 2,19 rev. Elb.) – aber das ist kein Glaube. Glaube ist, wenn man nicht nur an das Wort Gottes glaubt, sondern auch den eigenen Willen Gott unterstellt; wenn man ihm das Herz übergibt und ihm die tiefste Zuneigung gehört. Dieser Glaube wirkt durch die Liebe und reinigt die Seele. Durch ihn wird das Herz erneuert und in Gottes Ebenbild verwandelt. Das Herz, das sich in seinem unerneuerten Zustand dem Gesetz Gottes nicht unterwarf und es auch nicht konnte, freut sich nun an den heiligen Geboten und ruft mit dem Psalmisten aus: „Wie habe ich dein Gesetz so lieb! Ich sinne darüber nach den ganzen Tag.“ (Psalm 119,97) Und die Gerechtigkeit des Gesetzes ist in uns erfüllt, die wir „nicht nach dem Fleisch leben, sondern nach dem Geist“ (Römer 8,1).
Es gibt Menschen, die Christi vergebende Liebe erfahren haben und sich wirklich wünschen, Kinder Gottes zu sein. Doch wenn sie sehen, dass ihr Charakter unvollkommen und ihr Leben fehlerhaft ist, zweifeln sie schnell daran, dass ihr Herz tatsächlich durch den Heiligen Geist erneuert wurde. Ihnen möchte ich sagen: Zieht euch nicht verzweifelt zurück! Wir werden uns oft wegen unserer Unzulänglichkeiten und Fehler zu Jesu Füßen niederbeugen und weinen müssen, aber wir brauchen nicht den Mut zu verlieren. Selbst wenn wir vom Feind überwunden werden, wird Gott uns nicht fallen lassen, zurückweisen oder verlassen. Nein, Christus ist zur Rechten Gottes und tritt für uns ein! So sagt der geliebte Johannes: „Diese Dinge schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt! Und wenn jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, den Gerechten.“ (1. Johannes 2,1) Vergiss nicht die Worte Christi: „Der Vater hat euch lieb.“ (Johannes 16,27) Er möchte dich ihm wieder ähnlich machen und seine eigene Reinheit und Heiligkeit in dir widergespiegelt sehen. Und wenn du dich ihm ganz hingibst, wird er, der das gute Werk in dir begonnen hat, es auch vollenden, bis er wiederkommt. Bete intensiver, glaube mehr! Und wenn wir dahin kommen, unserer eigenen Kraft zu misstrauen, wollen wir auf die Kraft unseres Heilandes vertrauen. Dann werden wir ihn preisen, der unsere Hilfe ist.
Je näher du Jesus kommst, desto fehlerhafter wirst du dir selbst erscheinen, denn deine Sicht wird klarer werden, und du wirst deine Unvollkommenheiten in umfassenderem und deutlicherem Gegensatz zu seinem vollkommenen Wesen sehen. Das ist der Beweis dafür, dass Satans Täuschungen ihre Kraft verloren haben, dass der belebende Einfluss des Geistes Gottes dich erweckt.
In dem Herzen, das seine eigene Sündhaftigkeit nicht erkennt, kann keine tiefe Liebe zu Jesus wohnen. Wer durch die Gnade Christi umgestaltet wurde, verehrt und bewundert seinen göttlichen Charakter.
Wenn wir dagegen unsere eigene moralische Entstelltheit nicht sehen, ist das ein unmissverständlicher Beweis dafür, dass wir die Schönheit und Vortrefflichkeit Christi noch nicht wahrgenommen haben.
Je weniger wir von uns selbst halten, desto mehr werden wir die unendliche Reinheit und Schönheit unseres Heilandes schätzen. Der Blick auf unsere Sündhaftigkeit treibt uns zu ihm, der uns vergeben kann; und wenn der Mensch, der seine eigene Hilflosigkeit erkennt, sich nach Christus ausstreckt, wird dieser sich machtvoll offenbaren. Je mehr uns das Bewusstsein unserer Bedürftigkeit zu ihm und zum Wort Gottes treibt, desto mehr eröffnet sich uns die Herrlichkeit seines Charakters und desto völliger werden wir sein Ebenbild widerspiegeln.
8 Wachstum in Christus
Die Veränderung des Herzens, durch die wir zu Gottes Kindern werden, wird in der Bibel als Geburt bezeichnet. Sie wird auch mit dem Keimen des guten Samens verglichen, der vom Sämann ausgestreut wurde. So sind auch Menschen, die sich gerade erst zu Christus bekehrt haben, „neugeborene Kindlein“ (1. Petrus 2,2), die zu Männern und Frauen in Christus „heranwachsen“ (Epheser 4,15). Wie der gute Samen, der auf das Feld gesät wurde, sollen sie wachsen und Frucht bringen. Jesaja sagt, dass sie „Bäume der Gerechtigkeit, Pflanzungen des Herrn“ genannt werden, „zu seinem Ruhm“ (Jesaja 61,3). So helfen uns Bilder aus dem natürlichen Leben, die geheimnisvollen Wahrheiten des geistlichen Lebens besser zu verstehen.
Menschen können mit all ihrer Weisheit und Geschicklichkeit nicht einmal in den kleinsten Dingen der Natur Leben hervorbringen. Nur durch das Leben, das Gott selbst schenkt, können Pflanzen und Tiere leben. So schafft auch nur das Leben von Gott geistliches Leben in den Herzen der Menschen. Wenn ein Mensch nicht „von neuem geboren“ (Johannes 3,3) wird, kann er nicht an dem Leben teilhaben, das Christus gibt.
Wie mit dem Leben, so ist es auch mit dem Wachstum. Gott selbst bringt die Knospe zum Blühen und lässt aus der Blüte Frucht entstehen. Durch seine Kraft entwickelt sich der Samen, „zuerst der Halm, danach die Ähre, dann der volle Weizen in der Ähre“ (Markus 4,28). Und der Prophet Hosea sagt über Israel, dass „es blühen soll wie eine Lilie“. Sie „sollen wiederum Getreide hervorbringen und blühen wie der Weinstock“ (Hosea 14,6.8). Jesus fordert uns auf, die „Lilien zu betrachten, wie sie wachsen“ (Lukas 12,27). Die Pflanzen und Blumen wachsen nicht durch ihre eigene Pflege, Sorge oder Mühe, sondern sie nehmen auf, was Gott für ihr Leben bereitet hat. Auch ein Kind kann nicht durch eigene Bemühungen oder Kraft wachsen. Ebenso wenig können wir durch Sorge oder eigene Anstrengung geistliches Wachstum hervorbringen. Die Pflanze, das Kind, sie alle wachsen, indem sie aus ihrer Umgebung das aufnehmen, was ihnen zum Leben dient – Luft, Sonnenschein und Nahrung. Was diese Gaben der Natur für Menschen, Tiere und Pflanzen sind, das ist Christus für alle, die ihm vertrauen. Er ist ihr „ewiges Licht“ (Jesaja 60,19), „eine Sonne und Schild“ (Psalm 84,12). Er wird „für Israel wie der Tau sein“ (Hosea 14,5). „Er wird herabkommen wie Regen auf die Aue.“ (Psalm 72,6) Er ist das lebendige Wasser, „das Brot Gottes … das aus dem Himmel herabkommt und der Welt Leben gibt“ (Johannes 6,33).
Mit der unvergleichlichen Gabe seines Sohnes hat Gott die ganze Welt mit einer Atmosphäre der Gnade umgeben, die so real ist wie die Luft, die um den Globus zirkuliert. Alle, die diese Leben spendende Atmosphäre einatmen, werden leben und zur vollen Reife von Männern und Frauen in Jesus Christus heranwachsen.
Wie sich die Blume der Sonne zuwendet, damit die hellen Strahlen ihre Schönheit und Ebenmäßigkeit vervollkommnen, so sollen wir uns der Sonne der Gerechtigkeit zuwenden, damit das Licht des Himmels auf uns scheint und sich unser Charakter in das Ebenbild Christi entwickelt.
Das Gleiche sagt Jesus in den Worten: „Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt … ohne mich könnt ihr nichts tun.“ (Johannes 15,4.5; Luther) Um ein heiliges Leben zu führen, bist du ebenso abhängig von Christus wie die Rebe vom Weinstock, wenn sie wachsen und Frucht bringen will. Getrennt von ihm hast du kein Leben, keine Kraft, um der Versuchung zu widerstehen und in der Gnade und Heiligkeit zu wachsen. Wenn du in ihm bleibst, kannst du gedeihen. Empfängst du dein Leben von ihm, wirst du nicht verdorren oder fruchtlos sein. Du wirst wie ein Baum sein, der an Wasserbächen wächst.
Viele meinen, sie müssten einen Teil allein tun. Sie haben Christus vertraut, was Sündenvergebung betrifft, nun aber versuchen sie durch eigene Anstrengungen, rechtschaffen zu leben. Doch alle solche Bemühungen müssen scheitern. Jesus sagt: „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“ (Johannes 15,5) Unser Wachstum in der Gnade, unsere Freude, unsere Nützlichkeit – sie alle hängen von unserer Verbindung zu Christus ab. Durch tägliche, stündliche Gemeinschaft mit ihm – indem wir in ihm bleiben – wachsen wir in der Gnade. Er ist nicht nur der Anfänger, sondern auch der Vollender unseres Glaubens. Wir brauchen ihn nicht nur am Beginn und am Ende unseres Weges, sondern bei jedem einzelnen Schritt. David sagte: „Ich habe den Herrn allezeit vor Augen; weil er zu meiner Rechten ist, wanke ich nicht.“ (Psalm 16,8)
Du wirst fragen: Wie soll ich in Christus bleiben? Genauso, wie du ihn zuerst angenommen hast. „Wie ihr nun Christus Jesus, den Herrn, angenommen habt, so wandelt auch in ihm.“ (Kolosser 2,6) „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“ (Hebräer 10,38) Du hast dich Gott gegeben, um ihm ganz zu gehören, um ihm zu dienen und zu gehorchen. Du hast Christus als deinen Heiland angenommen. Du selbst konntest deine Sünden nicht sühnen oder dein Herz ändern, aber weil du dich Gott übergeben hast, glaubst du, dass er das alles um Christi willen für dich getan hat. Durch den Glauben bist du Christi Eigentum geworden, und durch den Glauben wirst du in ihm wachsen – durch Geben und Nehmen. Du musst Gott alles geben: dein Herz, deinen Willen, deinen Dienst. Gib dich ihm ganz hin, um alle seine Forderungen zu erfüllen. Und du musst alles nehmen: Christus, die Fülle allen Segens, damit er in deinem Herzen wohnt, deine Stärke, deine Gerechtigkeit, dein ewiger Helfer ist und dir Kraft gibt, ihm gehorsam zu sein.
Weihe dich Gott jeden Morgen. Tue dies als allererstes. Bete: „Nimm mich, o Herr, lass mich ganz dir gehören. Alle meine Pläne lege ich zu deinen Füßen. Gebrauch mich heute in deinem Dienst. Bleib in mir, und lass alles, was ich tue, in dir geschehen.“ Bete dies täglich. Weihe dich Gott jeden Morgen für diesen Tag. Übergib ihm alle deine Pläne; dann führe sie aus oder gib sie auf, je nachdem wie er die Umstände führt. So kannst du Tag für Tag dein Leben in seine Hände legen, und dein Leben wird Christi Leben immer ähnlicher werden.
Ein Leben in Christus ist ein Leben der Ruhe. Man mag keine überschwänglichen Gefühle haben, doch ein beständiges, friedvolles Vertrauen. Deine Hoffnung liegt nicht in dir selbst, sondern in Christus. Deine Schwäche ist mit seiner Stärke verbunden, deine Unwissenheit mit seiner Weisheit, deine Gebrechlichkeit mit seiner unerschöpflichen Kraft. So dürfen wir nicht auf uns selbst schauen, unsere Gedanken auf uns selbst richten, sondern auf Christus. Denk über seine Liebe nach, über die Schönheit und Vollkommenheit seines Wesens! Der sich selbst verleugnende Jesus, der demütige Jesus, der reine und heilige Jesus, der unvergleichlich liebevolle Jesus – darüber sollten wir nachsinnen. Indem wir ihn lieben, seinem Beispiel folgen, uns ganz an ihn halten, werden wir in sein Ebenbild verwandelt.
Jesus sagt: „Bleibt in mir.“ (Johannes 15,4) In diesen Worten kommen Ruhe, Festigkeit und Vertrauen zum Ausdruck. Er lädt uns ein: „Kommt zu mir … und ich werde euch Ruhe geben.“ (Matthäus 11,28) Die Worte des Psalmisten drücken denselben Gedanken aus: „Sei stille dem Herrn und warte auf ihn.“ (Psalm 37,7; Luther 1912) Und Jesaja versichert uns: „In Stillsein und in Vertrauen ist eure Stärke.“ (Jesaja 30,15 rev. Elb.) Diese Ruhe findet man nicht im Untätigsein, denn in der Einladung des Heilandes ist die verheißene Ruhe mit der Aufforderung zum Dienst verbunden: „Nehmt auf euch mein Joch … und ihr werdet Ruhe finden.“ (Matthäus 11,29) Wer ganz und gar in Christus ruht, wird am ernsthaftesten und eifrigsten für ihn arbeiten.
Wenn die Gedanken um die eigene Person kreisen, sind sie von Christus, der Quelle des Lebens und der Kraft, abgewandt. Deshalb bemüht sich Satan unaufhörlich, die Aufmerksamkeit vom Heiland abzulenken und so die Einheit und Gemeinschaft des Menschen mit Christus zu verhindern. Die Vergnügungen der Welt, die Sorgen, Schwierigkeiten und Schmerzen des Lebens, die eigenen Fehler und Unvollkommenheiten oder die anderer – auf die eine oder andere Weise wird Satan versuchen, unsere Gedanken in Beschlag zu nehmen. Lass dich von seinen Erfindungen nicht irreführen! Viele, die wirklich gewissenhaft sind und für Gott leben möchten, führt er nur zu oft dazu, ihre Gedanken auf ihre eigenen Fehler und Schwächen zu richten. Und indem er sie so von Christus trennt, hofft er, den Sieg davonzutragen. Wir sollten uns nicht selbst zum Mittelpunkt machen und uns darum sorgen und ängstigen, ob wir gerettet werden. Das alles wendet das Herz von der Quelle unserer Kraft ab. Befiehl dein ewiges Heil Gott an und vertraue ihm! Sprich von Jesus und denk an ihn. Verliere dich selbst in ihm. Vertreibe jeden Zweifel, lass alle Ängste los. Sage mit dem Apostel Paulus: „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich dahingegeben hat.“ (Galater 2,20) Ruhe in Gott! Er kann bewahren, was du ihm anvertraut hast. Wenn du dich seinen Händen überlässt, wird er dich in allem weit überwinden lassen durch den, der dich geliebt hat.
Als Christus menschliche Natur annahm, band er die Menschheit durch ein Band der Liebe an sich, das keine Macht zerreißen kann, außer der Wille des Menschen selbst. Satan tritt beständig mit Verlockungen an uns heran, damit wir dieses Band zerreißen und beschließen, uns von Christus zu trennen. Genau hier gilt es, wachsam zu sein, zu ringen und zu beten, damit nichts uns dazu verleitet, einen anderen Meister zu wählen, denn diese Freiheit haben wir immer. Halten wir unsere Augen fest auf Christus gerichtet, dann wird er uns bewahren! Wenn wir auf Jesus sehen, sind wir sicher. Nichts kann uns aus seiner Hand reißen. Wenn wir beständig auf ihn schauen, „werden wir verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, nämlich vom Geist des Herrn“ (2. Korinther 3,18).
So wurden auch die ersten Jünger dem geliebten Heiland ähnlich. Als die Jünger die Worte Jesu hörten, spürten sie, wie sehr sie ihn brauchten. Sie suchten ihn, sie fanden ihn, sie folgten ihm. Sie waren bei ihm im Haus, am Tisch, in der Kammer, auf dem Feld. Sie waren um ihn wie Schüler um ihren Lehrer und lernten täglich heilige Wahrheiten von seinen Lippen. Sie sahen zu ihm auf wie Knechte zu ihrem Herrn, um ihre Aufgaben zu erfahren. Diese Jünger waren „schwache Menschen wie wir“ (Jakobus 5,17; Luther). Sie mussten denselben Kampf gegen die Sünde kämpfen wie wir. Sie brauchten die gleiche Gnade, um ein heiliges Leben zu führen.
Selbst Johannes, der geliebte Jünger, der das Ebenbild des Heilandes am meisten widerspiegelte, hatte diesen liebenswürdigen Charakter nicht von Natur aus. Ursprünglich war er nicht nur überheblich und ehrgeizig, sondern auch hitzig und nahm Kränkungen sehr übel. Doch als sich ihm der Charakter des Sohnes Gottes offenbarte, erkannte er seine eigene Unzulänglichkeit, und das machte ihn demütig. Die Kraft und Geduld, die Macht und Behutsamkeit, die Majestät und Demut, die er im täglichen Leben des Gottessohnes sah, erfüllten ihn mit Bewunderung und Liebe. Tag für Tag wurde sein Herz zu Christus gezogen, bis er sich durch die Liebe zu seinem Meister selbst aus den Augen verloren hatte. Er lieferte sein nachtragendes, ehrgeiziges Wesen der formenden Macht Christi aus. Der belebende Einfluss des Heiligen Geistes erneuerte sein Herz. Die Kraft der Liebe Christi veränderte seinen Charakter. Das ist die sichere Folge, wenn wir eins mit Christus sind. Wenn er im Herzen wohnt, wird das ganze Wesen umgestaltet. Christi Geist und seine Liebe erweichen das Herz, besänftigen die Seele und erheben die Gedanken und Wünsche zu Gott und dem Himmel.
Nach Christi Himmelfahrt fühlten seine Nachfolger noch immer seine Gegenwart, eine persönliche Gegenwart voller Liebe und Licht. Jesus, der Heiland, der mit ihnen gelebt, geredet und gebetet hatte, der Worte der Hoffnung und des Trostes zu ihren Herzen gesprochen hatte, war aus ihrer Mitte in den Himmel aufgenommen worden, während die Botschaft des Friedens noch von seinen Lippen kam. Als eine Wolke von Engeln ihn aufnahm, hörten sie noch immer den Klang seiner Stimme: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Weltzeit!“ (Matthäus 28,20) Er fuhr in menschlicher Gestalt in den Himmel. Sie wussten, dass er ihr Freund und Heiland blieb und nun vor Gottes Thron stand, dass seine Zuneigung unverändert war, dass er sich noch immer mit der leidenden Menschheit identifizierte. Von nun an bot er die Verdienste seines eigenen kostbaren Blutes vor Gott dar, zeigte seine verwundeten Hände und Füße, die an den Preis erinnerten, den er für seine Erlösten bezahlt hatte. Sie wussten, dass er in den Himmel gefahren war, um Wohnungen für sie vorzubereiten, und dass er wiederkommen und sie zu sich holen würde.
Als sie nach seiner Himmelfahrt zusammenkamen, waren sie von dem Verlangen erfüllt, ihre Anliegen im Namen Jesu vor den Vater zu bringen. In feierlicher Ehrfurcht beugten sie sich im Gebet und wiederholten seine Zusicherung: „Was auch immer ihr den Vater bitten werdet in meinem Namen, er wird es euch geben. Bis jetzt habt ihr nichts in meinem Namen gebeten; bittet, so werdet ihr empfangen, damit eure Freude völlig wird.“ (Johannes 16,23.24) Immer höher streckten sie die Hand des Glaubens aus mit der starken Begründung: „Christus ist es doch, der gestorben ist, ja mehr noch, der auch auferstanden ist, der auch zur Rechten Gottes ist, der auch für uns eintritt.“ (Römer 8,34) Zu Pfingsten wurde ihnen dann der Tröster gegeben, von dem Jesus gesagt hatte, dass er „in euch sein wird“ (Johannes 14,17). Und er hatte auch gesagt: „Es ist gut für euch, dass ich hingehe; denn wenn ich nicht hingehe, so kommt der Beistand nicht zu euch. Wenn ich hingegangen bin, will ich ihn zu euch senden.“ (Johannes 16,7) Von da an sollte Jesus durch den Geist beständig in den Herzen seiner Kinder wohnen. Sie waren nun enger mit ihm verbunden als zu der Zeit, wo er persönlich bei ihnen war. Das Licht, die Liebe und die Kraft des innewohnenden Christus strahlten durch sie hindurch, sodass die Menschen, die sie sahen, „sich verwunderten; und sie erkannten, dass sie mit Jesus gewesen waren“ (Apostelgeschichte 4,13).
Alles, was Christus für die Jünger war, möchte er auch heute für seine Kinder sein, denn in seinem letzten Gebet, mit der kleinen Jüngerschar um sich versammelt, sagte er: „Ich bitte aber nicht für diese allein, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben werden.“ (Johannes 17,20)
Jesus betete für uns, und er bat, dass wir mit ihm eins sein würden, so wie er mit dem Vater eins ist. Welch eine Einheit! Der Heiland sagte von sich selbst: „Der Sohn kann nichts von sich selbst aus tun“; „der Vater, der in mir wohnt, der tut die Werke.“ (Johannes 5,19; 14,10) Wenn Christus in unseren Herzen wohnt, wird er in uns sowohl „das Wollen als auch das Vollbringen“ wirken „nach seinem Wohlgefallen“ (Philipper 2,13). Wir werden wirken, wie er gewirkt hat. Wir werden denselben Geist offenbaren wie er. Und so werden wir – indem wir ihn lieben und in ihm bleiben – „heranwachsen in allen Stücken zu ihm hin, der das Haupt ist, Christus“ (Epheser 4,15).
9 Leben und Wirken
Für das ganze Universum ist Gott die Quelle des Lebens, des Lichts und der Freude. Wie die Lichtstrahlen der Sonne und wie die Wasserströme, die aus einer lebendigen Quelle hervorsprudeln, so fließen seine Segnungen allen seinen Geschöpfen zu. Und wo immer das Leben von Gott in den Herzen der Menschen ist, wird es durch Liebe und Wohltaten zu anderen weiterfließen.
Es war die Freude des Heilandes, die gefallenen Menschen aufzurichten und zu erlösen. Deshalb hielt er sein eigenes Leben nicht für zu kostbar, sondern erduldete das Kreuz und achtete die Schande nicht. Auch die Engel wirken unaufhörlich für das Glück anderer. Das ist ihre Freude. Die sündlosen Engel tun ein Werk, das selbstsüchtige Herzen als erniedrigend ansehen würden: Sie dienen denen, die elend und ihnen in Charakter und Rang in jeder Hinsicht unterlegen sind. Der Geist der selbstaufopfernden Liebe Christi durchdringt den Himmel und ist der Wesenskern der himmlischen Freude. Diesen Geist werden auch Christi Nachfolger besitzen, dieses Werk werden sie tun.
Wenn Christi Liebe in unserem Herzen wohnt, kann dies wie ein süßer Duft nicht verborgen bleiben. Ihren heiligen Einfluss werden alle verspüren, mit denen wir in Verbindung kommen. Christi Geist im Herzen ist wie eine Wasserquelle in der Wüste, die hervorströmt und alle erfrischt. Sie wird in Menschen, die eigentlich keine Hoffnung mehr haben, das Verlangen wecken, vom Wasser des Lebens zu trinken.
Die Liebe zu Jesus wird sich in dem Wunsch offenbaren, wie er zum Segen und zur Erhebung der Menschheit zu wirken. Sie wird in uns Liebe, Behutsamkeit und Mitgefühl zu allen Geschöpfen hervorrufen, die unter der Obhut unseres himmlischen Vaters stehen.
Das Leben des Heilands kreiste nicht um sich selbst und seine eigene Bequemlichkeit, vielmehr mühte er sich beharrlich, ernstlich und unermüdlich um die Erlösung der verlorenen Menschheit. Von der Krippe bis nach Golgatha folgte er dem Pfad der Selbstverleugnung und versuchte nicht, von anstrengenden Aufgaben, mühsamen Reisen und ermüdenden Pflichten und Arbeiten entbunden zu werden. Er sagte: „Der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“ (Matthäus 20,28) Das war seine große Lebensmission. Alles andere war zweitrangig und untergeordnet. Es war ihm Speise und Trank, den Willen Gottes zu tun und seine Aufgabe zu vollenden. Egoismus und selbstsüchtige Interessen gab es in seinem Wirken nicht.
So werden alle, die Christi Gnade erfahren haben, zu jedem Opfer bereit sein, damit auch andere Menschen, für die Christus gestorben ist, am Geschenk des Himmels teilhaben können. Sie werden alles ihnen Mögliche tun, um die Welt durch ihr Leben zum Guten zu verändern. Diese Gesinnung ist die sichere Frucht eines wahrhaft bekehrten Herzens. Sobald jemand zu Christus kommt, wird in seinem Herzen der Wunsch geboren, anderen zu sagen, was für einen kostbaren Freund er in Jesus gefunden hat. Die errettende und heiligende Wahrheit kann im Herzen nicht verschlossen bleiben. Wenn wir mit Christi Gerechtigkeit bekleidet sind und uns die Freude seines innewohnenden Geistes erfüllt, können wir es nicht verschweigen. Wenn wir geschmeckt und gesehen haben, dass der Herr gut ist, werden wir etwas zu erzählen haben. Wie Philippus, als er den Heiland gefunden hatte, werden wir andere in seine Gegenwart einladen. Wir werden uns bemühen, ihnen zu zeigen, was Christus so anziehend macht, und ihnen die unsichtbare Wirklichkeit der kommenden Welt vor Augen führen. Wir werden uns sehnlichst wünschen, dem Weg zu folgen, den Jesus ging. Wir werden ein tiefes Verlangen danach haben, dass die Menschen in unserer Umgebung „das Lamm Gottes“ sehen, „das die Sünde der Welt hinwegnimmt“ (Johannes 1,29).
Und unser Bemühen, anderen Gutes zu tun, wird uns selbst zum Segen werden. Deshalb hat uns Gott einen Platz im Erlösungsplan zugewiesen. Er hat den Menschen das Vorrecht gewährt, Anteil am göttlichen Wesen zu erhalten und seinen Mitmenschen dann wiederum die empfangenen Segnungen weiterzugeben. Dies ist die höchste Ehre, die größte Freude, die Gott dem Menschen schenken kann. Alle, die auf diese Weise an den Liebeswerken Anteil haben, kommen ihrem Schöpfer am nächsten.
Gott hätte die Evangeliumsbotschaft und all die Liebeswerke den himmlischen Engeln übertragen können. Er hätte andere Mittel einsetzen können, um sein Ziel zu erreichen. Doch in seiner unendlichen Liebe zog er es vor, uns zu seinen Mitarbeitern und zu Mitarbeitern Christi und der Engel zu machen, damit wir an dem Segen, der Freude und der geistlichen Erbauung teilhaben können, die aus diesem selbstlosen Dienst erwachsen.
Durch die Gemeinschaft an seinen Leiden können wir mit Christus mitfühlen. Immer wenn Menschen ihr eigenes Ich zum Wohl anderer opfern, stärkt diese Handlung den Geist der Wohltätigkeit im Herzen des Gebers und verbindet ihn noch enger mit dem Erlöser der Welt, der, „obwohl er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet“ (2. Korinther 8,9). Und nur wenn wir so den Plan erfüllen, den Gott mit unserer Erschaffung hatte, kann das Leben für uns ein Segen sein.
Wenn du an die Arbeit gehst, wie Christus es für seine Jünger vorgesehen hat, und Seelen für ihn gewinnst, wirst du spüren, dass du eine noch tiefere Erfahrung und größere Erkenntnis in göttlichen Dingen brauchst. Du wirst nach Gerechtigkeit hungern und dürsten. Du wirst im Gebet mit Gott ringen, dein Glaube wird gestärkt werden, und deine Seele wird in tiefen Zügen aus dem Brunnen des Heils trinken. Widerstand und Schwierigkeiten werden dich zur Bibel und ins Gebet treiben. Du wirst in der Gnade und Erkenntnis Christi wachsen und einen Reichtum an Erfahrung sammeln.
Der Geist selbstlosen Dienens gibt dem Charakter Tiefe, Festigkeit und christusähnliche Schönheit, und er bringt dem Menschen Frieden und Glück. Solch ein Mensch strebt nach erhabenen Dingen. Faulheit und Selbstsucht finden bei ihm keinen Platz. Wer die christlichen Gnadengaben einsetzt, wird im Dienst für Gott wachsen und an Stärke gewinnen. Er wird eine klare geistliche Wahrnehmung, einen beständigen, wachsenden Glauben und immer größere Kraft im Gebet haben. Gottes Geist, der an seinem Geist wirkt, lässt als Antwort auf die göttliche Berührung die heiligen Harmonien des Herzens erklingen. Wer sich so dem selbstlosen Dienst für das Wohl anderer weiht, wirkt ganz gewiss auch für seine eigene Seligkeit.
Wir können nur dann in der Gnade wachsen, wenn wir uneigennützig genau die Arbeit tun, die Christus uns zugewiesen hat. Und sie besteht darin, entsprechend unserer Fähigkeiten jenen zu helfen und zum Segen zu werden, die die Hilfe brauchen, die wir ihnen geben können. Stärke kommt durch Übung. Tätigkeit ist die Grundbedingung des Lebens. Wer sich bemüht, ein christliches Leben zu führen, indem er passiv die ihm aus Gnade ausgeteilten Segnungen annimmt und nichts für Christus tut, gleicht dem, der isst, ohne zu arbeiten. In der geistlichen wie in der natürlichen Welt führt das immer zu Degeneration und Verfall. Wenn jemand Arme und Beine nicht mehr bewegt, wird er auch bald alle Kraft dazu verlieren.
So wird der Christ, der seine von Gott gegebenen Kräfte nicht einsetzt, nicht nur aufhören in Christus zu wachsen – er wird auch die Kraft verlieren, die er schon besaß.
Christi Gemeinde ist Gottes auserwähltes Werkzeug zur Erlösung der Menschen. Ihre Mission besteht darin, das Evangelium in die Welt zu tragen. Und diese Verpflichtung ruht auf allen Christen. Jeder soll je nach seinen Begabungen und Gelegenheiten den Auftrag des Heilands erfüllen. Die uns offenbarte Liebe Christi macht uns zu Schuldnern gegenüber allen, die ihn nicht kennen. Gott hat uns das Licht nicht nur für uns allein geschenkt, sondern damit wir es auch anderen scheinen lassen.
Wenn sich Jesu Nachfolger ihrer Pflicht bewusst wären, dann gäbe es dort, wo es heute nur einen gibt, Tausende, die das Evangelium in heidnischen Ländern verkündigten. Und alle, die sich nicht persönlich in das Werk einbringen können, würden es doch mit ihren Mitteln, ihrer Anteilnahme und ihren Gebeten unterstützen. Dann würden auch in christlichen Ländern ernsthaftere Anstrengungen für die Errettung von Seelen unternommen werden.
Wir müssen nicht in heidnische Länder gehen, um für Christus zu arbeiten. Wir müssen nicht einmal den engen Familienkreis verlassen, wenn dort unsere Aufgabe liegt. Wir können dies in der Familie, in der Gemeinde, unter Geschäftspartnern und allen Menschen tun, mit denen wir Kontakt haben.
Den größten Teil seines Lebens verbrachte der Heiland mit geduldiger Arbeit in der Zimmermannswerkstatt in Nazareth. Dienende Engel begleiteten den Herrn des Lebens, als er Seite an Seite mit Bauern und Arbeitern lebte, unerkannt und ungeehrt. Bei der Arbeit in seinem bescheidenen Handwerk erfüllte er seinen Auftrag genauso treu wie später, als er die Kranken heilte oder auf den sturmgepeitschten Wellen des Galiläischen Meeres ging. So können auch wir in den geringsten Aufgaben und bescheidensten Lebenslagen mit Jesus leben und arbeiten.
Der Apostel sagt: „Jeder bleibe vor Gott in dem Stand, in dem er berufen worden ist.“ (1. Korinther 7,24) Ein Geschäftsmann kann sein Geschäft so führen, dass er durch seine Treue und Gewissenhaftigkeit seinen Meister verherrlicht. Ist er ein treuer Nachfolger Christi, wird sein Glaube alles durchziehen, was er tut, und er wird den Menschen den Geist Christi offenbaren. So kann auch der Handwerker ein fleißiger und treuer Zeuge für Jesus sein, der ja selbst ein einfaches, arbeitsames Leben in den Hügeln Galiläas führte. Wer sich selbst Christ nennt, sollte so arbeiten, dass andere wegen seiner guten Werke ihren Schöpfer und Erlöser preisen.
Viele stellen ihre Gaben nicht in den Dienst Christi, weil sie sich damit herausreden, dass andere begabter wären und bessere Gelegenheiten hätten als sie. Es herrscht die Auffassung, nur besonders begabte Leute müssten ihre Fähigkeiten in Gottes Dienst stellen. Viele meinen sogar, nur bestimmte begünstigte Menschen hätten Talente erhalten und andere nicht, die deshalb natürlich auch nicht zur Mitarbeit mit all ihren Anstrengungen und ihrem Lohn gerufen wären. Aber so wird es in dem Gleichnis Jesu nicht dargestellt. Als der Hausherr seine Knechte rief, gab er jedem seine Aufgabe.
Selbst die kleinsten Pflichten des Lebens können wir in Liebe „für den Herrn“ (Kolosser 3,23) tun. Wenn Gottes Liebe im Herzen wohnt, wird sie sich immer im Leben offenbaren. Der süße Wohlgeruch Jesu wird uns umgeben, und unser Einfluss wird andere erheben und ihnen zum Segen sein.
Warte nicht auf großartige Gelegenheiten oder außergewöhnliche Fähigkeiten, ehe du für Gott an die Arbeit gehst. Du brauchst dir keine Gedanken darüber machen, was die Welt von dir denken wird. Wenn dein tägliches Leben zeigt, dass dein Glaube rein und echt ist, und andere davon überzeugt sind, dass du ihnen wirklich helfen möchtest, werden deine Bemühungen nicht vergeblich sein.
Auch die einfachsten und ärmsten Nachfolger Jesu können ein Segen für andere sein. Sie mögen selbst nicht den Eindruck haben, etwas besonders Gutes zu tun, doch ohne dass es ihnen bewusst wird, können von ihrem Einfluss Segenswellen ausgehen, die sich ausbreiten und vertiefen und deren wunderbare Auswirkungen sie vielleicht erst am Tag der endgültigen Belohnung erkennen werden. Sie fühlen oder wissen nicht, dass sie etwas Großes tun. Sie brauchen sich um den Erfolg nicht zu sorgen. Sie müssen nur still vorangehen und treu die Arbeit tun, die Gottes Vorsehung ihnen zugewiesen hat, und dann wird ihr Leben nicht vergeblich sein. Sie selbst werden immer mehr in Christi Ebenbild hineinwachsen. Schon in diesem Leben sind sie Gottes Mitarbeiter und bereiten sich so für das höhere Werk und die ungetrübte Freude des kommenden Lebens vor.
10 Gott kennen
Gott versucht auf vielerlei Weise, sich uns zu erkennen zu geben und eine Beziehung zu uns aufzubauen. Ständig spricht die Natur zu unseren Sinnen. Ein offenes Herz wird beeindruckt sein von der Liebe und Herrlichkeit Gottes, die sich in den Werken seiner Hände offenbart. Ein offenes Ohr kann hören und verstehen, was Gott uns durch die Natur sagen will. Die grünen Felder, die hoch aufragenden Bäume, die Knospen und Blüten, die ziehenden Wolken, der fallende Regen, der murmelnde Bach, der herrliche Himmel – sie alle sprechen zu unserem Herzen und laden uns ein, mit ihm vertraut zu werden, der sie alle gemacht hat.
Unser Heiland verknüpfte seine kostbaren Lehren mit den Dingen der Natur. Die Bäume, die Vögel, die Blumen in den Tälern, die Hügel, die Seen, der wunderschöne Himmel und auch die Ereignisse und Umstände des täglichen Lebens – sie alle verband er mit den Worten der Wahrheit, damit wir uns seine Lehren immer wieder ins Gedächtnis rufen können, sogar inmitten der Geschäftigkeit und Sorgen unseres arbeitsamen Lebens.
Gott möchte, dass seine Kinder seine Werke wertschätzen und sich an der schlichten, stillen Schönheit erfreuen, mit der er unser irdisches Heim geschmückt hat. Er liebt das Schöne, und mehr noch als alles äußerlich Anziehende liebt er die Schönheit des Charakters. Er möchte, dass wir Reinheit und Schlichtheit pflegen, wie die Blumen in ihrer stillen Anmut.
Wir brauchen nur hinzuhören, dann erteilt uns Gottes Schöpfung kostbare Lektionen in Gehorsam und Vertrauen. Von den Sternen, die Jahrhundert für Jahrhundert auf ihren spurlosen Bahnen durch das Weltall ihrem festen Weg folgen, bis hin zum winzigsten Atom gehorcht die ganze Natur dem Willen des Schöpfers. Gott sorgt für alles und erhält alles, was er geschaffen hat. Er, der die unzählbaren Welten durch alle Ewigkeit hindurch bewahrt, sorgt gleichzeitig für die Bedürfnisse des kleinen, braunen Spatzen, der furchtlos sein bescheidenes Lied singt. Wenn die Menschen an ihre tägliche Arbeit gehen oder beten, wenn sie sich am Abend niederlegen und am Morgen aufstehen, wenn der Reiche in seinem Palast feiert und der Arme seine Kinder um den kärglich gedeckten Tisch versammelt, hält der himmlische Vater liebevoll über jeden Wacht. Es gibt keine Träne, die Gott nicht bemerkt, kein Lächeln, das ihm entgeht.
Würden wir das doch nur von ganzem Herzen glauben, dann würden wir von all den unnötigen Ängsten frei werden. Unser Leben wäre nicht so voll von Enttäuschungen. Denn alles, Großes wie Kleines, würden wir Gottes Händen anvertrauen, ihm, den die Zahl der Sorgen nicht verwirrt, den ihre Last nicht erdrückt. Wir könnten dann einen inneren Frieden genießen, den viele kaum noch kennen.
Wenn du die überwältigende Schönheit der Erde auf dich wirken lässt, dann denk an die kommende Welt, die den Fluch von Sünde und Tod niemals kennen wird, wo die Natur nie wieder den Schatten des Fluches tragen wird. Stell dir die zukünftige Heimat der Erlösten vor und denk daran, dass es noch viel herrlicher sein wird, als du es dir in deinen kühnsten Vorstellungen ausmalen kannst. In der Vielfalt der Natur sehen wir nur einen ganz schwachen Schimmer von Gottes Herrlichkeit. Es steht geschrieben: „Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört und keinem Menschen ins Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“ (1. Korinther 2,9)
Dichter und Naturwissenschaftler haben viel über die Natur zu sagen, aber am meisten freut sich immer noch der Christ an der Schönheit der Erde. Er weiß sie am meisten zu schätzen, weil er darin das Werk seines Vaters erkennt und in den Blumen und Sträuchern und Bäumen seine Liebe wahrnimmt. Erst wenn wir in Bergen und Tälern, Flüssen und Seen Gottes Liebe zu uns Menschen sehen, können wir ihre Bedeutung wirklich wertschätzen.
Gott spricht zu uns durch die Fügung von Umständen und durch den Einfluss seines Geistes auf unser Herz. Aus unseren Lebensumständen und unserer Umgebung, den Veränderungen, die täglich um uns stattfinden, können wir Wertvolles lernen, wenn unsere Herzen nur dafür offen sind. Der Psalmist sagt über Gottes Vorsehung: „Die Erde ist erfüllt von der Güte des Herrn.“ (Psalm 33,5) „Wer weise ist, wird dies beachten, und er wird die Gnadenweise des Herrn verstehen.“ (Psalm 107,43)
Gott spricht durch sein Wort zu uns. Hier werden uns sein Wesen, sein Umgang mit den Menschen und das große Erlösungswerk noch klarer offenbart. Hier wird uns die Geschichte der Patriarchen und Propheten und anderer heiliger Männer in alter Zeit eröffnet. Sie waren Menschen „schwach wie wir“ (Jakobus 5,17). Wir lesen, wie sie sich durch die gleichen Enttäuschungen kämpften wie wir, wie sie der Versuchung erlagen wie wir und sich doch wieder ein Herz fassten und durch Gottes Gnade überwanden. Wenn wir das sehen, werden wir in unserem Streben nach Gerechtigkeit ermutigt. Wir lesen von ihren kostbaren Erfahrungen, von dem Licht, der Liebe und dem Segen, an denen sie sich erfreuten, und von dem Werk, das sie durch die ihnen gegebene Gnade vollbrachten. Dadurch entfacht der Geist, der sie inspirierte, auch in unserem Herzen ein Feuer heiligen Nacheiferns, den Wunsch, denselben Charakter zu besitzen und wie sie mit Gott zu leben.
Jesus sagte über die Schriften des Alten Testaments, und wie viel mehr trifft das dann auf das Neue Testament zu: „Sie geben Zeugnis von mir“ (Johannes 5,39), dem Erlöser, von ihm, auf den sich unsere Hoffnung auf ewiges Leben gründet. Ja, die ganze Bibel erzählt von Christus. Vom Schöpfungsbericht – „Durch ihn wurde alles geschaffen. Nichts ist ohne ihn geworden“ (Johannes 1,3; Hoffnung für alle) – bis zur abschließenden Verheißung – „Siehe, ich komme bald“ (Offenbarung 22,12) – lesen wir von seinen Werken und hören seine Stimme. Wenn du den Heiland kennen lernen möchtest, dann studiere die Heilige Schrift.
Füll dein ganzes Herz mit Gottes Worten. Sie sind das lebendige Wasser, das deinen Durst stillt. Sie sind das lebendige Brot vom Himmel. Jesus sagt: “Wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes esst und sein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch.“ Und er erklärt es so: „Die Worte, die ich zu euch rede, sind Geist und sind Leben.“ (Johannes 6,53.63) Unser Körper wird von dem aufgebaut, was wir essen und trinken. Im geistlichen Leben ist es nicht anders: Die Gedanken, mit denen wir uns beschäftigen, verleihen unserem Geist Spannkraft und Stärke. Die Engel sehnen sich danach, das Thema der Erlösung zu erforschen. Auch für die Erlösten wird es in den endlosen Zeitaltern der Ewigkeit der Gegenstand ihres Forschens und ihres Lobgesangs sein. Lohnt es sich da nicht, schon jetzt sorgfältig darüber nachzudenken und es gründlich zu studieren? Die unendliche Barmherzigkeit und Liebe Jesu, das Opfer, das für uns gebracht wurde, verlangen nach unseren ernstlichsten und ehrfürchtigsten Gedanken. Lassen wir das Wesen unseres lieben Heilands und Fürsprechers auf uns wirken! Sinnen wir über seine Mission nach, über ihn, der kam, um sein Volk von ihren Sünden zu erlösen. Wenn wir so über die himmlischen Dinge nachdenken, werden unser Glaube und unsere Liebe wachsen. Unsere Gebete werden für Gott immer angenehmer, denn sie werden mehr und mehr mit Glauben und Liebe vermischt sein. Sie werden verständig und inbrünstig sein. Wir werden beständiger auf Jesus vertrauen und jeden Tag deutlich erleben, wie seine Kraft alle vollkommen erretten kann, die durch ihn zu Gott kommen.
Wenn wir über unseren vollkommenen Heiland nachsinnen, werden wir uns wünschen, völlig zu seinem reinen Ebenbild verwandelt und wiederhergestellt zu werden. Wir werden danach hungern und dürsten, so zu werden wie er, den wir innig lieben und verehren. Je mehr unsere Gedanken bei Christus sind, desto mehr werden wir mit anderen über ihn sprechen und ihn der Welt darstellen.
Die Bibel wurde nicht nur für Gelehrte geschrieben, ganz im Gegenteil, sie ist für die einfachen Leute bestimmt. Die großen, für die Erlösung notwendigen Wahrheiten sind kristallklar dargelegt. Niemand wird sie missverstehen oder vom Weg abkommen, es sei denn, er folgt seinem eigenen Urteilsvermögen anstatt dem deutlich offenbarten Willen Gottes.
Wir sollten nicht darauf hören, was Menschen über die Lehren der Schrift sagen, sondern Gottes Wort selbst studieren. Wenn wir andere für uns denken lassen, werden unsere Kräfte verkümmern und unsere Fähigkeiten abnehmen. Wenn wir nicht genügend über wirklich Nachdenkenswertes nachsinnen, können die höheren Geisteskräfte so verkümmern, dass wir nicht mehr fähig sind, die tiefe Bedeutung von Gottes Wort zu erfassen. Dagegen weitet sich der Geist, wenn man der Beziehung der biblischen Themen zueinander nachspürt, indem man Bibelvers mit Bibelvers und Geistliches mit Geistlichem vergleicht.
Nichts stärkt den Geist mehr als Bibelstudium. Kein anderes Buch hat solch eine Kraft, die Gedanken zu erheben und die Fähigkeiten zu beleben, als die weitreichenden, erhebenden Wahrheiten der Bibel. Würden die Menschen Gottes Wort studieren, wie sie sollten, dann besäßen sie eine Geistestiefe, einen edlen Charakter und eine Zielstrebigkeit, die man heutzutage nur selten findet.
Doch man gewinnt nur wenig, wenn man die Schrift eilig liest. Man kann die ganze Bibel durchlesen und dabei nichts von ihrer Schönheit sehen und von ihrer tiefen, verborgenen Bedeutung erfassen. Es hat mehr Wert, einen Abschnitt solange zu studieren, bis die Bedeutung klar und seine Beziehung zum Heilsplan offensichtlich ist, als viele Kapitel durchzulesen, ohne dabei ein bestimmtes Ziel vor Augen zu haben und eine klare Weisung zu erhalten. Hab deine Bibel überall dabei. Lies darin, wenn du Gelegenheit hast. Präg dir die Texte ein. Selbst wenn du die Straße entlang gehst, kannst du einen Abschnitt lesen, darüber nachdenken und ihn so im Gedächtnis behalten.
Weisheit können wir nicht ohne gewissenhafte Aufmerksamkeit und ohne Studium und Gebet erlangen. Manche Bibelstellen sind tatsächlich so leicht verständlich, dass man sie nicht missverstehen kann, doch bei anderen liegt die Bedeutung nicht gleich an der Oberfläche, und man kann sie auf den ersten Blick nicht erkennen. Ein Vers muss mit dem anderen verglichen werden. Wir müssen sorgfältig forschen und unter Gebet nachdenken. Solch ein Studium wird reich belohnt werden. So wie der Bergmann unter der Erdoberfläche Edelmetalladern entdeckt, wird auch jeder, der Gottes Wort beharrlich wie nach einem verborgenen Schatz durchsucht, wertvollste Wahrheiten finden, die dem Blick des nachlässig Suchenden verborgen bleiben. Die inspirierten Worte, über die man im Herzen nachsinnt, werden wie Wasserströme sein, die der Quelle des Lebens entspringen.
Studiere die Bibel niemals ohne Gebet. Bitte um Erleuchtung durch den Heiligen Geist, bevor du ihre Seiten öffnest, dann wird sie dir gegeben. Als Nathanael zu Jesus kam, rief der Heiland aus: „Siehe, wahrhaftig ein Israelit, in dem keine Falschheit ist.“ Nathanael fragte: „Woher kennst du mich?“, und Jesus antwortete: „Ehe dich Philippus rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich.“ (Johannes 1,47.48) Jesus wird auch uns an den verborgenen Gebetsorten sehen, wenn wir ihn um Licht bitten, um zu erkennen, was Wahrheit ist. Engel aus der Welt des Lichts werden bei denen sein, die mit demütigem Herzen nach göttlicher Führung suchen.
Der Heilige Geist erhöht und verherrlicht den Heiland. Er hat die Aufgabe, Christus darzustellen, die Reinheit seines Wesens und die wunderbare Erlösung, die wir durch ihn haben. Jesus sagt: „Von dem Meinen wird er nehmen und euch verkündigen.“ (Johannes 16,14) Der Geist der Wahrheit ist der einzige, der die göttliche Wahrheit wirkungsvoll lehren kann. Wie wertvoll müssen die Menschen für Gott sein, dass er seinen Sohn gab, um für sie zu sterben, und dass er seinen Geist dazu beruft, die Menschen zu lehren und beständig zu führen!
11 Das Vorrecht des Gebets
Gott spricht zu uns durch die Natur und die Offenbarung, durch seine Vorsehung und den Einfluss seines Geistes. Doch das allein reicht noch nicht aus. Es ist auch notwendig, dass wir unser Herz vor ihm ausschütten. Um geistliches Leben und Kraft zu haben, brauchen wir engen Umgang mit unserem himmlischen Vater. Unsere Gedanken mögen zu ihm gezogen werden, wir mögen über seine Werke, seine Barmherzigkeit und seine Segnungen nachdenken, doch das bedeutet noch nicht im vollsten Sinne, mit ihm zu sprechen. Mit Gott zu sprechen heißt, ihm das zu sagen, was tatsächlich in unserem Leben geschieht.
Beten bedeutet, Gott unser Herz wie einem Freund zu öffnen. Nicht weil es notwendig wäre, Gott zu sagen, wer oder was wir sind; nein, sondern damit wir fähig werden, ihn zu empfangen. Das Gebet holt nicht Gott zu uns herunter, es hebt uns zu ihm hinauf.
Als Jesus auf der Erde war, lehrte er seine Jünger, wie sie beten sollten. Er wies sie an, Gott ihre täglichen Bedürfnisse mitzuteilen und alle ihre Sorgen bei ihm abzulegen. Und seine Zusicherung, dass ihre Bitten erhört würden, gilt auch uns.
Jesus betete oft, als er unter den Menschen lebte. Unser Heiland identifizierte sich mit unseren Bedürfnissen und Schwächen, indem er ein Bittender wurde. Auch er ging mit seinen Bitten zu Gott und bat seinen Vater um neue Kraft, um für seine Pflichten und Schwierigkeiten gewappnet zu sein. Er ist in allem unser Vorbild. In all unseren Schwachheiten ist er unser Bruder und wurde „in allem versucht … wie wir“ (Hebräer 4,15), doch als der Sündlose schreckte er von Natur aus vor dem Bösenzurück. Er erduldete Kämpfe und Seelenqual in einer Welt der Sünde. Sein Menschsein machte das Gebet für ihn zu einer Notwendigkeit und zu einem Vorrecht. In der Zwiesprache mit seinem Vater fand er Trost und Freude. Wenn er, der Heiland der Menschen, der Sohn Gottes, spürte, dass er das Gebet brauchte, wie viel mehr sollte uns schwachen, sündhaften Sterblichen bewusst sein, wie sehr wir inniges, beständiges Gebet brauchen.
Unser himmlischer Vater wartet nur darauf, uns seine Segnungen in Fülle zu schenken. Großzügig dürfen wir aus der Quelle grenzenloser Liebe trinken. Wie seltsam ist es da, dass wir so wenig beten! Gott ist bereit und willens, das ernsthafte Gebet seiner geringsten Kinder zu hören, aber offensichtlich sind wir sehr zurückhaltend damit, unsere Nöte Gott vorzulegen. Was sollen die himmlischen Engel über arme, hilflose, Versuchungen ausgesetzte Menschendenken, die so wenig beten und so kleingläubig sind, obwohl sich Gottes unendlich liebendes Herz nach ihnen sehnt und ihnen mehr geben möchte, als sie bitten oder sich vorstellen können? Die Engel lieben es, vor Gott niederzuknien; sie lieben es, ihm nahe zu sein. Die Gemeinschaft mit Gott ist ihre größte Freude, doch die Kinder dieser Erde, die so sehr die Hilfe brauchen, die nur Gott geben kann, scheinen auch ohne das Licht seines Geistes, seine begleitende Gegenwart, zufrieden zu sein.
Menschen, die das Gebet vernachlässigen, werden von der Finsternis des Bösen umgeben. Die Versuchungen, die der Feind ihnen einflüstert, verleiten sie zur Sünde, und das alles nur, weil sie nicht von dem Vorrecht Gebrauch machen, das Gott ihnen mit dem Gebet geschenkt hat. Warum beten die Söhne und Töchter Gottes so ungern, wo doch das Gebet der Schlüssel in der Hand des Glaubens ist? Mit ihm können sie das Vorratshaus des Himmels öffnen, in dem die grenzenlosen Reichtümer des Allmächtigen aufgehäuft sind. Wenn wir nicht unaufhörlich beten und immerzu auf der Hut sind, laufen wir Gefahr, sorglos zu werden und vom richtigen Weg abzukommen. Der Feind versucht beständig, den Weg zum Gnadenthron zu versperren. Damit will er verhindern, dass wir durch ernstes Bitten und aufrichtigen Glauben Gnade und Kraft erhalten, um der Versuchung zu widerstehen.
Es gibt bestimmte Bedingungen, unter denen wir erwarten können, dass Gott unser Gebet hören und beantworten wird. Eine Grundbedingung ist, dass wir spüren, wie sehr wir seine Hilfe brauchen. Er hat verheißen: „Ich werde Wasser auf das Durstige gießen und Ströme auf das Dürre.“ (Jesaja 44,3) Wer nach Gerechtigkeit hungert und dürstet, wer sich nach Gott sehnt, kann gewiss sein, dass er gesättigt wird. Nur wenn unser Herz für den Einfluss des Geistes offen ist, können wir Gottes Segen erhalten.
Unsere große Bedürftigkeit spricht ja für sich selbst und ist ein starkes Argument zu unseren Gunsten. Doch der Herr möchte, dass wir ihn um alle diese Dinge bitten. „Bittet, so wird euch gegeben.“ (Matthäus 7,7) Und „Er, der sogar seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle dahin gegeben hat, wie sollte er uns mit ihm nicht auch alles schenken?“ (Römer 8,32)
Haben wir Unrechtes im Herzen vor oder halten wir an einer uns bekannten Sünde fest, wird uns der Herr nicht erhören. Doch das Gebet eines reuigen, gebrochenen Herzens nimmt er immer an. Wenn wir jedes uns bekannte Unrecht in Ordnung gebracht haben, dann dürfen wir darauf vertrauen, dass Gott unser Gebet beantworten wird. Mit unseren eigenen Leistungen können wir uns niemals Gottes Gunst erwerben. Allein die Würdigkeit Jesu wird uns retten, nur sein Blut wird uns reinigen. Und dennoch ist es unsere Aufgabe, die Bedingungen zu erfüllen, um bei Gott angenommen zu werden.
Eine weitere Bedingung für siegreiches Gebet ist der Glaube. „Wer zu Gott kommt, muss glauben, dass er ist, und dass er die belohnen wird, welche ihn suchen.“ (Hebräer 11,6) Jesus sagte zu seinen Jüngern: „Alles, was ihr auch immer im Gebet erbittet, glaubt, dass ihr es empfangt, so wird es euch zuteil werden.“ (Markus 11,24) Nehmen wir ihn beim Wort?
Die Zusicherung Gottes ist weitreichend und grenzenlos. Treu ist, der sie gegeben hat. Wenn wir um etwas bitten und es nicht sofort erhalten, sollen wir dennoch glauben, dass der Herr uns hört und unsere Gebete beantworten wird. Wir sind so fehlbar und kurzsichtig, dass wir manchmal um Dinge bitten, die für uns kein Segen wären. Und unser himmlischer Vater beantwortet unsere Gebete in seiner Liebe so, dass er uns gibt, was das Beste für uns ist – nämlich das, was wir uns selbst wünschen würden, könnten wir alle Dinge mit von Gott erleuchteten Augen so sehen, wie sie wirklich sind. Werden unsere Gebete scheinbar nicht erhört, dann müssen wir uns an der Verheißung festklammern, denn die Zeit der Erhörung wird mit Sicherheit kommen und wir werdenden Segenerhalten, den wir am meisten brauchen. Doch zu erwarten, dass das Gebet immer genauso beantwortet wird, wie wir es wünschen, und wir genau das erhalten, wonach wir verlangen, wäre Anmaßung. Gott ist zuweise, um sich zu irren, und zugut, um den Rechtschaffenen irgendetwas Gutes vorzuenthalten. Fürchte dich nicht, ihm zu vertrauen, auch wenn du keine sofortige Antwort auf deine Gebete erlebst. Verlass dich auf die feste Zusage: „Bittet, so wird euch gegeben.“ (Matthäus 7,7)
Wenn wir Zweifel und Ängste zu unseren Ratgebern machen oder alle Unklarheiten lösen wollen, bevor wir glauben, werden sich die Schwierigkeiten nur vergrößern und vertiefen. Doch wenn wir zu Gott kommen und uns so hilflos und abhängig fühlen, wie wir wirklich sind; ja wenn wir unsere Bedürfnisse in demütigem, vertrauensvollem Glauben ihm kundtun, dessen Wissen unendlich ist, der alles in der Schöpfung sieht und durch seinen Willen und sein Wort lenkt, dann kann und wird er auf unser Rufen hören und Licht in unsere Herzen scheinen lassen. Das aufrichtige Gebet verbindet uns mit den Gedanken des Unendlichen. Vielleicht haben wir in diesem Augenblick keinen besonderen Hinweis darauf, dass der Heiland mitfühlend und liebevoll auf uns schaut, und dennoch ist es so. Wir mögen seine Nähe nicht spüren, doch in Liebe und mitfühlender Zärtlichkeit hält er seine Hand über uns.
Wenn wir zu Gott kommen und ihn um Barmherzigkeit und Segen bitten, sollte unser Herz von Liebe und Vergebungsbereitschaft erfüllt sein. Wie können wir beten „… und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“ (Matthäus 6,12; Luther), und gleichzeitig Unversöhnlichkeit im Herzen hegen? Wenn wir erwarten, dass unsere eigenen Gebete erhört werden, müssen wir den anderen in gleicher Weise und gleichem Maße vergeben, wie wir Vergebung erhoffen.
Auch Beharrlichkeit im Gebet ist eine Bedingung für Gebetserhörungen. Wollen wir im Glauben und in der Erfahrung wachsen, brauchen wir das beständige Gebet. Wir müssen „beharrlich im Gebet“ sein (Römer 12,12), „ausdauernd im Gebet und mit Danksagung wachen“ (Kolosser 4,2). Petrus ermahnt die Gläubigen, „besonnen zu sein und nüchtern zum Gebet“ (1. Petrus 4,7). Paulus weist uns an: „Lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden“ (PhiliPPer 4,6). „Ihr aber, Geliebte“, sagt Judas, „erbaut euch auf eurem allerheiligsten Glauben und betet im Heiligen Geist.“ (Judas 20,21) Durch das beständige Gebet ist die Seele ununterbrochen mit Gott verbunden. So fließt das Leben von Gott in unser Leben hinein, und aus unserem Leben fließen Reinheit und Heiligkeit zu Gott zurück.
Wie wichtig ist es, viel zu beten. Lass nicht zu, dass dich irgendetwas daran hindert. Setze alles daran, die Gemeinschaft zwischen Jesus und dir zu erhalten. Nutze jede Gelegenheit, dorthin zu gehen, wo das Gebet gepflegt wird. Wer wirklich Gemeinschaft mit Gott sucht, wird bei Gebetstreffen zu finden sein, treu seine Pflicht tun und ernsthaft und eifrig danach streben, all die Segnungen zu empfangen, die er erhalten kann. Er wird jede Gelegenheit nutzen, dort zu sein, wo er die Lichtstrahlen des Himmels aufnehmen kann.
Beten wir im Familienkreis! Und vernachlässigen wir vor allem das Gebet im Verborgenen nicht, denn es ist das Leben der Seele! Wir können unmöglich innerlich blühen und gedeihen, wenn wir das Gebet vernachlässigen. Das Gebet in der Familie oder Öffentlichkeit allein reicht nicht aus. In der Einsamkeit soll sich die Seele dem prüfenden Blick Gottes öffnen. Nur Gott, der Gebete hört, darf das verborgene Gebet hören. Kein neugieriges Ohr darf die Last solcher Anliegen tragen. Beim Gebet im Verborgenen ist die Seele frei von Aufregung und den sie umgebenden Einflüssen. Ruhig und doch inbrünstig wird sie sich nach Gott ausstrecken. Sanft und andauernd wird der Einfluss sein, der von dem ausgeht, der ins Verborgene sieht und dessen Ohr offen ist für das Gebet, das aus dem Herzen aufsteigt. Durch stillen einfachen Glauben pflegt der Mensch Gemeinschaft mit Gott und sammelt Lichtstrahlen göttlichen Lichts, die ihn im Kampf mit Satan stärken und tragen. Gott ist unsere starke Festung.
Bete im „Kämmerlein“, und wenn du an deine tägliche Arbeit gehst, dann erhebe dein Herz oft zu Gott. So lebte Henoch mit Gott. Diese stillen Gebete steigen wie kostbarer Weihrauch vor den Gnadenthron. Satan kann den nicht überwinden, dessen Herz auf Gott gerichtet ist.
Kein Zeitpunkt oder Ort ist ungeeignet, um Gott eine Bitte vorzubringen. Nichts kann uns davon abhalten, das Herz in ernstem Gebet zu erheben. Im Gedränge der Straße oder mitten in einer geschäftlichen Verabredung können wir eine Bitte hinauf zu Gott senden und um göttliche Führung bitten, so wie es Nehemia tat, als er mit seinem Anliegen vor König Artaxerxes trat. Überall, wo wir sind, können wir ein Kämmerlein der Gemeinschaft mit Gott finden. Unsere Herzenstür sollten wir immer offen halten und Jesus einladen, zu uns zu kommen und als himmlischer Gast im Herzen zu bleiben.
Auch wenn uns eine vergiftete, verdorbene Atmosphäre umgibt, brauchen wir ihren Gestank nicht einzuatmen. Wir können vielmehr in der reinen Luft des Himmels leben. Indem wir uns durch ernsthaftes Gebet in Gottes Gegenwart erheben, können wir jede Tür zu unreinen Vorstellungen und unheiligen Gedanken schließen. Wessen Herz offen für Gottes Hilfe und Segen ist, der wird in einer heiligeren als der irdischen Atmosphäre leben und beständige Gemeinschaft mit dem Himmel haben.
Wir brauchen eine klarere Erkenntnis von Jesus und ein umfassenderes Verständnis vom Wert der ewigen Wirklichkeit. Die Schönheit der Heiligkeit soll die Herzen der Kinder Gottes erfüllen, und damit das geschieht, sollen wir darum bitten, dass Gott uns die himmlischen Dinge enthüllt.
Lass dein Herz von dir selbst weg nach oben gezogen werden, damit Gott dir einen Atemzug himmlischer Atmosphäre gewähren kann. Wir können so nahe bei Gott bleiben, dass wir in jeder unerwarteten Schwierigkeit unsere Gedanken so natürlich auf ihn richten, wie sich die Blume der Sonne zuwendet.
Erzähl Gott deine Nöte, Freuden, Sorgen, deinen Kummer und deine Ängste. Du kannst ihn nicht belasten, du kannst ihn nicht ermüden. Ihm, der die Haare auf deinem Kopf zählt, sind die Bedürfnisse seiner Kinder nicht gleichgültig. „Der Herr ist voller Mitleid und zärtlichem Erbarmen.“ (Jakobus 5,11) Sein liebevolles Herz ist gerührt von unserem Kummer und sogar davon, dass wir ihn zum Ausdruck bringen. Bring alles zu ihm, was deine Gedanken verwirrt. Nichts ist so groß, dass er es nicht tragen könnte, denn er hält die Welten und regiert alle Angelegenheiten des Universums. Nichts, was in irgendeiner Weise unseren Frieden stört, ist zu geringfügig für ihn und würde seiner Aufmerksamkeit entgehen. Kein Kapitel in unserer Erfahrung ist für ihn zu düster, und es gibt kein Problem, das er nicht lösen könnte. Kein Unglück kann das Geringste seiner Kinder befallen, keine Angst sie quälen, keine Freude sie fröhlich machen, kein aufrichtiges Gebet über ihre Lippen kommen, das unser himmlischer Vater nicht beachten oder ihn nicht augenblicklich interessieren würde. „Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.“ (Psalm 147,3) Die Beziehung zwischen Gott und jedem Menschen ist so ausgeprägt und tiefgehend, als gäbe es keine andere Person sonst auf der Erde, für die er sorgen würde, als wäre sie die einzige, für die er seinen geliebten Sohn gegeben hat.
Jesus sagte: „Ihr werdet in meinem Namen bitten; und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten will; denn er selbst, der Vater, hat euch lieb.“ (Johannes 16,26.27) „Ich habe euch erwählt … damit der Vater euch gibt, was auch immer ihr ihn bitten werdet in meinem Namen.“ (Johannes 15,16) Doch im Namen Jesu zu beten, bedeutet mehr, als am Anfang oder Ende des Gebetes seinen Namen zu nennen. Es bedeutet, in Jesu Sinn und Geist zu beten und an seine Verheißungen zu glauben, sich auf seine Gnade zu verlassen und seine Werke zu tun.
Gott will nicht, dass irgendjemand von uns zum Einsiedler oder Mönch wird und sich aus der Welt zurückzieht, um sich der Anbetung zu widmen. Unser Leben muss wie das Leben Christi sein – zwischen der Einsamkeit der Berge und der Menschenmenge. Wer ausschließlich betet, wird bald ganz aufhören zu beten oder seine Gebete werden zu einer formalen Routine werden. Wenn sich die Menschen aus dem sozialen Leben zurückziehen, weg von dem Platz, wo sie ihre christliche Pflicht tun und ihr Kreuz tragen sollen; wenn sie nicht mehr ernstlich für den Meister wirken, der so ernstlich für sie wirkte, verlieren ihre Gebete an Inhalt, und sie haben keinen Anreiz mehr zur Hingabe. Ihre Gebete werden selbstbezogen und selbstsüchtig sein. Sie werden unfähig, für die Bedürfnisse der Menschheit oder den Aufbau des Reiches Christi zu beten und um Kraft für die Arbeit zu ringen.
Wir schaden uns selbst, wenn wir die Gelegenheiten vernachlässigen, zusammenzukommen und uns gegenseitig im Dienst Gottes zu stärken und zu ermutigen. Die Wahrheiten seines Wortes verlieren ihre Lebendigkeit und Bedeutsamkeit in unserem Denken. Unsere Herzen werden nicht mehr von ihrem heiligenden Einfluss erleuchtet und aufgerüttelt, und unser geistliches Leben nimmt ab. In unserem Umgang als Christen untereinander verlieren wir viel, wenn es uns an Mitgefühl mangelt. Wer sich in sich selbst zurückzieht, füllt nicht die Stellung aus, die Gott für ihn vorgesehen hat. Wenn wir die geselligen Elemente unserer Natur richtig pflegen, können wir mit anderen mitfühlen und werden im Dienst Gottes wachsen und erstarken.
Kämen Christen zusammen, um miteinander über Gottes Liebe und die kostbaren Wahrheiten der Erlösung zu sprechen, dann würden sie sich gegenseitig stärken, und ihre eigenen Herzen würden erfrischt werden. Jeden Tag können wir mehr von unserem himmlischen Vater lernen und seine Gnade neu erleben. Dann werden wir uns wünschen, über seine Liebe zu sprechen. Und wenn wir das tun, werden unsere eigenen Herzen erwärmt und ermutigt. Würden wir mehr über Jesus nachdenken und weniger über uns selbst reden, dann erlebten wir viel mehr seine Gegenwart.
Wenn wir nur so oft an Gott denken würden, wie er uns seine Fürsorge beweist, dann würden unsere Gedanken immer bei ihm sein. Dann wäre es uns eine Freude, mit ihm zu reden und ihn zu preisen. Wir reden über vergängliche Dinge, weil wir uns dafür interessieren. Wir reden über unsere Freunde, weil wir sie lieben und in Freud und Leid mit ihnen verbunden sind. Und doch haben wir unendlich viel mehr Grund, Gott zu lieben als unsere irdischen Freunde, und es sollte für uns die natürlichste Sache auf der Welt sein, ihn in all unseren Gedanken an die erste Stelle zu setzen, über seine Güte zu sprechen und von seiner Kraft zu erzählen. Seine großzügigen Geschenke für uns sind nicht dazu gedacht, unsere Gedanken und unsere Liebe so sehr in Anspruch zu nehmen, dass wir Gott selbst nichts mehr geben können. Sie sollen uns vielmehr beständig an ihn erinnern und uns in Liebe und Dankbarkeit an unseren himmlischen Wohltäter binden. Wir verweilen zu sehr in den Niederungen der Erde. Blicken wir doch auf zu der offenen Tür des Heiligtums oben im Himmel, wo das Licht der Herrlichkeit Gottes in Jesu Angesicht scheint, der „vollkommen erretten kann, die durch ihn zu Gott kommen“ (Hebräer 7,25).
Loben wir Gott mehr „für seine Gnade und für seine Wunder an den Menschenkindern“ (Psalm 107,8)! Unsere Anbetung sollte nicht nur aus Bitten und Empfangen bestehen. Lasst uns nicht ständig nur an unsere Bedürfnisse denken und niemals an die Wohltaten, die wir empfangen. Nicht, dass wir zu viel beten würden – aber wir danken zu wenig! Unaufhörlich empfangen wir Gottes Gnade, doch wie wenig Dankbarkeit drücken wir aus, wie wenig preisen wir ihn für das, was er für uns getan hat.
In alter Zeit sagte der Herr zu Israel, als es sich zum Gottesdienst versammelte: „Ihr sollt vor dem Herrn eurem Gott essen und fröhlich sein, ihr und eure Familien, über allem, was eure Hand erworben hat, womit der Herr, dein Gott, dich gesegnet hat.“ (5. Mose 12,7) Was wir für den Herrn tun, sollten wir fröhlich, mit Lobliedern und Danksagung tun, nicht traurig und trübsinnig.
Unser Gott ist ein liebevoller, barmherziger Vater. Der Dienst für ihn sollte für uns nichts Trauriges und Bedrückendes sein. Es sollte ein Vergnügen sein, den Herrn anzubeten und an seinem Werk teilzuhaben. Gott möchte nicht, dass seine Kinder, für die eine so große Erlösung erwirkt wurde, sich verhalten, als sei er ein harter, strenger Arbeitgeber. Er ist ihr bester Freund, und wenn sie ihn anbeten, dann möchte er bei ihnen sein, um sie zu segnen und zu trösten und ihre Herzen mit Freude und Liebe zu erfüllen. Der Herr wünscht sich, dass seine Kinder in der Arbeit für ihn Trost schöpfen und seinen Dienst eher angenehm als anstrengend finden. Er möchte, dass alle, die zum Gottesdienst kommen, kostbare Gedanken über seine Fürsorge und Liebe auf den Heimweg mitnehmen, damit sie alle Alltagsgeschäfte freudig erledigen und durch seine Gnade in allen Dingen ehrlich und treu handeln können.
Wir wollen uns um das Kreuz sammeln. Christus der Gekreuzigte sollte das Thema unserer Gedanken, Gespräche und freudigsten Gefühle sein. Lasst uns alle Segnungen, die wir von Gott empfangen, im Gedächtnis behalten. Und wenn wir seine große Liebe erkennen, sollten wir bereit sein, seinen Händen, die für uns ans Kreuz genagelt wurden, alles anzuvertrauen.
Auf den Flügeln des Lobpreises schwingt sich die Seele näher hinauf zu Gott. In den himmlischen Höfen wird Gott mit Liedern und Musik angebetet, und indem wir unsere Dankbarkeit ausdrücken, kommen wir der Anbetung der himmlischen Heere nahe. „Wer Dank opfert, der ehrt mich.“ (Psalm 50,23) Lasst uns ehrfürchtig und freudig vor unseren Schöpfer kommen mit „Danklied und Lobgesang“ (Jesaja 51,3).
12 Wohin mit Zweifel?
Viele Menschen werden zeitweise von Zweifeln geplagt, besonders die noch jung im christlichen Glauben sind. In der Bibel gibt es vieles, was sie nicht erklären oder nicht einmal verstehen können, und Satan gebraucht diese Dinge, um ihren Glauben an die Schrift als Gottesoffenbarung zu erschüttern. Sie fragen: „Wie kann ich den richtigen Weg erkennen? Wenn die Bibel wirklich Gottes Wort ist, wie kann ich dann von diesen Zweifeln und Fragen frei werden?“
Gott verlangt niemals von uns zu glauben, ohne uns genügend Hinweise zu geben, auf die wir unseren Glauben stützen können. Seine Existenz, sein Charakter und die Wahrheit seines Wortes – sie alle gründen sich auf Zeugnisse, die sich an unseren Verstand richten, und diese Zeugnisse sind in Hülle und Fülle vorhanden. Und doch hat Gott die Möglichkeit zum Zweifeln niemals weggenommen. Unser Glaube muss auf Hinweisen beruhen, nicht auf Beweisen. Wer zweifeln möchte, wird dazu die Gelegenheit haben; doch wer die Wahrheit wirklich erkennen möchte, wird eine Fülle von Hinweisen finden, auf die er seinen Glauben gründen kann.
Wir begrenzt denkende Menschen können den Charakter und die Werke des Unendlichen niemals völlig verstehen. Selbst für den schärfsten Verstand und den gelehrtesten Denker muss der Heilige in ein Geheimnis gehüllt bleiben. „Kannst du die Tiefe Gottes ergründen oder zur Vollkommenheit des Allmächtigen gelangen? Sie ist himmelhoch – was willst du tun? tiefer als das Totenreich – was kannst du wissen?“ (Hiob 11,7.8)
Der Apostel Paulus ruft aus: „O welche Tiefe des Reichtums sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unergründlich sind seine Gerichte, wie unausforschlich seine Wege!“ (Römer 11,33) Doch sind auch „Wolken und Dunkel … um ihn her“, so sind doch „Gerechtigkeit und Recht … die Grundfeste seines Thrones“ (Psalm 97,2). Wir können sein Handeln an uns und die Motive, die ihn bewegen, so weit verstehen, dass wir grenzenlose Liebe und Barmherzigkeit erkennen können verbunden mit unendlicher Kraft. Wir können so viel von seinen Absichten verstehen, wie es gut für uns ist. Und darüber hinaus müssen wir der allmächtigen Hand vertrauen, dem Herzen, das voller Liebe ist.
Das Wort Gottes, wie auch der Charakter seines göttlichen Verfassers, offenbart Geheimnisse, die begrenzte Wesen niemals völlig verstehen können. Der Eintritt der Sünde in die Welt, die Menschwerdung Christi, die Wiedergeburt, die Auferstehung und viele andere Themen der Bibel sind Geheimnisse, die zu tief sind, als dass der menschliche Verstand sie erklären oder völlig erfassen könnte. Doch wir haben keinen Grund, Gottes Wort anzuzweifeln, weil wir die Geheimnisse seiner Vorsehung nicht verstehen können. Auch in der natürlichen Welt sind wir immerfort von Geheimnissen umgeben, die wir nicht ergründen können. Selbst die einfachsten Lebensformen werfen Fragen auf, die die weisesten Philosophen nicht beantworten können. Überall finden wir Wunder, die unser Verständnis übersteigen. Ist es da verwunderlich, wenn wir feststellen, dass es auch in der geistlichen Welt Geheimnisse gibt, die wir nicht erfassen können? Das Problem liegt allein in der Schwachheit und Begrenztheit des menschlichen Geistes. Gott hat uns in der Heiligen Schrift genügend Hinweise für ihr göttliches Wesen gegeben, und wir dürfen sein Wort nicht anzweifeln, nur weil wir nicht alle Geheimnisse seiner Vorsehung verstehen können.
Der Apostel Petrus sagt, dass es in der Schrift Dinge gibt, die „schwer zu verstehen sind, was die Unwissenden und Ungefestigten verdrehen … zu ihrem eigenen Verderben“ (2. Petrus 3,16). Zweifler haben die Schwierigkeiten der Schrift als Argument gegen die Bibel ins Feld geführt – doch sie sind ganz im Gegenteil ein mächtiger Beweis für ihre göttliche Inspiration. Enthielte sie nur leicht verständliche Aussagen über Gott, ja könnten begrenzt denkende Menschen seine Größe und Majestät erfassen, dann würde die Bibel nicht das unverkennbare Siegel göttlicher Autorität tragen. Gerade die Größe und das Geheimnis der dargestellten Themen sollten Glauben an die Bibel als Gottes Wort entfachen.
Die Bibel entfaltet die Wahrheit so einfach und so perfekt abgestimmt auf die Bedürfnisse und Sehnsüchte des menschlichen Herzens, dass dies die gelehrtesten Menschen erstaunt und fasziniert und gleichzeitig selbst die einfachsten und ungebildetsten Personen den Weg der Erlösung erkennen können. Und doch berühren diese einfach dargestellten Wahrheiten Themen, die so erhaben, so weitreichend sind, so unendlich weit über die Macht menschlichen Verstehens hinausgehen, dass wir sie nur annehmen können, weil Gott sie verkündigt hat. Auf diese Weise wird uns auch der Erlösungsplan eröffnet, damit jeder sehen kann, welche Schritte er in Reue vor Gott und im Glauben an unseren Herrn Jesus Christus gehen muss, um auf dem von Gott bestimmten Weg gerettet zu werden. Und doch bergen diese Wahrheiten, die so leicht verständlich sind, Geheimnisse, in denen seine Herrlichkeit verborgen ist – Geheimnisse, die den Verstand beim Forschen überwältigen und gleichzeitig den mit Ehrfurcht und Glauben erfüllen, der aufrichtig nach der Wahrheit sucht. Je mehr er die Bibel studiert, desto tiefer ist er davon überzeugt, dass es das Wort des lebendigen Gottes ist, und der menschliche Verstand beugt sich vor der Majestät göttlicher Offenbarung.
Indem wir anerkennen, dass wir die großen Wahrheiten der Bibel nicht völlig verstehen können, geben wir nur zu, dass der Mensch mit seinem begrenzten Geist das Unendliche nicht fassen und mit seinem beschränkten, menschlichen Wissen die Absichten des Allmächtigen nicht begreifen kann.
Die Zweifler und Ungläubigen lehnen Gottes Wort ab, weil sie nicht alle seine Geheimnisse ergründen können, und zum Teil stehen hier sogar Menschen in Gefahr, die sich als bibelgläubig bezeichnen. Der Apostel sagt: „Seht zu, liebe Brüder, dass keiner unter euch ein böses, ungläubiges Herz habe, das abfällt von dem lebendigen Gott.“ (Hebräer 3,12; Luther) Es ist richtig, die Lehren der Bibel sorgfältig zu studieren und die „Tiefen Gottes” zu erforschen (1. Korinther 2,10), soweit sie uns in der Schrift offenbart sind. „Bei dem Herrn steht, was verborgen ist“, doch „was geoffenbart ist, das ist ewiglich für uns“ (5. Mose 29,29). Aber Satan ist darum bemüht, den Forscherdrang des menschlichen Geistes zu verderben. Die Menschen betrachten die biblische Wahrheit mit einem gewissen Stolz und werden ungeduldig oder fühlen sich als Verlierer, wenn sie nicht jeden Teil der Schrift zu ihrer Zufriedenheit erklären können. Es ist zu demütigend für sie anzuerkennen, dass sie die inspirierten Worte nicht verstehen. Sie wollen nicht geduldig warten, bis Gott es für angemessen hält, ihnen die Wahrheit zu offenbaren. Sie meinen, ihre rein menschliche Weisheit reiche aus, um die Schrift zu verstehen, und weil ihnen genau das nicht gelingt, lehnen sie die Autorität der Schrift ganz ab. Viele Theorien und Lehrmeinungen, die man allgemein für biblisch hält, haben keine Grundlage in den Lehren der Bibel und stehen in Wirklichkeit ihrer Grundaussage entgegen. Dadurch sind viele in Zweifel und Verwirrung geraten, aber das liegt nicht an Gottes Wort, sondern daran, dass Menschen dieses Wort verdrehen.
Könnten geschaffene Wesen die Werke Gottes völlig verstehen, dann würden sie von da an keine weiteren Wahrheiten entdecken und nicht mehr in der Erkenntnis wachsen. Geist und Herz würden sich nicht weiterentwickeln. Gott wäre nicht länger der Höchste, und der Mensch würde, nachdem er an die Grenze allen Wissens und alles Erreichbaren gekommen ist, keine Fortschritte mehr machen. Gott sei Dank, dass es nicht so ist! Gott ist unendlich. In ihm „sind die Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen“ (Kolosser 2,3). Die Menschen können bis in alle Ewigkeit immerzu forschen und lernen und würden doch die Schätze seiner Weisheit, Güte und Kraft nie völlig ausschöpfen.
Es ist Gottes Wille, dass die Wahrheiten seines Wortes sich seinem Volk schon in diesem Leben immer mehr öffnen. Dieses Wissen kann man auf nur einem Weg erlangen: Nur durch die Erleuchtung jenes Geistes, der das Wort gegeben hat, kann uns Gottes Wort verständlich werden. „So kennt auch niemand die Gedanken Gottes, als nur der Geist Gottes“; „denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes“ (1. Korinther 2,11.10). Und der Heiland hat seinen Nachfolgern verheißen: „Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, so wird er euch in die ganze Wahrheit leiten … Denn von dem Meinen wird er nehmen und euch verkündigen.“ (Johannes 16,13.14)
Gott möchte, dass der Mensch seinen Verstand einsetzt, und kein anderes Studium stärkt und erhebt das Denken so, wie das Studium der Bibel. Doch müssen wir uns davor hüten, den Verstand zu vergöttlichen, der doch menschlicher Schwachheit unterliegt. Wenn wir nicht wollen, dass uns die Schrift undurchsichtig erscheint, sodass wir nicht einmal die einfachsten Wahrheiten verstehen, dann müssen wir die Einfachheit und den Glauben eines kleinen Kindes haben, lernbereit sein und um die Hilfe des Heiligen Geistes flehen. Ein Bewusstsein der Macht und Weisheit Gottes und unserer Unfähigkeit, seine Größe zu verstehen, sollte uns mit Demut erfüllen, und wir sollten sein Wort mit heiliger Ehrfurcht öffnen, so als würden wir in seine Gegenwart treten. Wenn wir die Bibel lesen, muss die Vernunft eine überlegene Macht anerkennen. Herz und Verstand müssen sich vor dem großen ICH BIN beugen.
Es gibt viele Dinge, die uns schwierig oder undurchsichtig erscheinen, doch Gott wird sie allen klar und verständlich machen, die sich in dieser Weise darum bemühen, sie zu verstehen. Aber ohne die Führung des Geistes stehen wir immer in der Gefahr, die Schrift zu verdrehen oder falsch zu interpretieren. Viele lesen die Bibel ohne einen Nutzen und in vielen Fällen sogar zum Schaden. Öffnet man Gottes Wort ohne Ehrfurcht und Gebet und sind Herz und Sinn nicht auf Gott gerichtet oder mit seinem Willen im Einklang, dann verdunkeln Zweifel das Denken und werden durch eben dieses Bibelstudium noch verstärkt. Der Feind beherrscht die Gedanken und suggeriert falsche Deutungen. Wenn Menschen in Wort und Tat nicht mit Gott in Einklang kommen wollen, dann laufen sie schnell Gefahr, sich in ihrem Verständnis der Schrift zu irren, wie gebildet sie auch sein mögen. Man kann ihren Erklärungen nicht sicher trauen. Wer in der Heiligen Schrift nach Unstimmigkeiten sucht, dem fehlt das geistliche Verständnis. Mit seiner verzerrten Sichtweise wird er viele Gründe für Zweifel und Unglauben in Dingen finden, die eigentlich klar und einfach sind.
Man kann es drehen und wenden, wie man will – der wahre Grund für Zweifel und Skepsis ist meistens die Liebe zur Sünde.
Dem stolzen, die Sünde liebenden Herzen sind die Lehren und Beschränkungen des Wortes Gottes nicht willkommen, und wer seinen Forderungen nicht gehorchen will, ist nur allzu bereit, seine Autorität anzuzweifeln. Um die Wahrheit zu finden, müssen wir den ernsthaften Wunsch haben, sie kennenzulernen, und von Herzen bereit sein, nach ihr zu leben. Wer in diesem Geist die Bibel studiert, wird unzählige Hinweise dafür finden, dass sie Gottes Wort ist. Er wird ein Verständnis ihrer Wahrheiten gewinnen, das ihn „weise … zur Errettung“ macht (2. Timotheus 3,15).
Christus sagte: “Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen.“ (Johannes 7,17; unrev. Elb.) Folge dem Licht, das dir bereits leuchtet, statt das anzuzweifeln oder zu kritisieren was dir unverständlich ist. Dann wirst du größeres Licht erhalten. Handle durch Christi Gnade nach allem, was dir klar geworden ist, dann wirst du auch das verstehen und umsetzen können, bei dem du jetzt noch Bedenken hast.
Ein Beweis steht allen offen, den Klügsten wie den Ungebildetsten: die eigene Erfahrung. Gott lädt uns ein, die Realität seines Wortes und die Wahrhaftigkeit seiner Verheißungen für uns selbst zu prüfen. Er bittet uns: „Schmeckt und seht, wie freundlich der Herr ist.“ (Psalm 34,9) Anstatt uns auf das Wort anderer zu verlassen, dürfen wir selbst schmecken. Er sagt: „Bittet, so werdet ihr empfangen.“ (Johannes 16,24) Seine Verheißungen werden sich erfüllen. Sie haben sich immer erfüllt, sie können sich nur erfüllen! Wenn wir Jesus näher kommen und uns an der Fülle seiner Liebe erfreuen, dann werden unsere Zweifel und unsere Dunkelheit im Licht seiner Gegenwart verschwinden.
Der Apostel Paulus sagt, dass Gott uns „errettet hat aus der Herrschaft der Finsternis und uns versetzt hat in das Reich des Sohnes seiner Liebe“ (Kolosser 1,13). Und jeder, der vom Tod zum Leben hindurchgedrungen ist, kann „bestätigen, dass Gott wahrhaftig ist“ (Johannes 3,33). Er kann bezeugen: „Ich brauchte Hilfe, und ich fand sie in Jesus. All meinen Mangel hat er ausgefüllt, den Hunger meiner Seele gestillt; und nun ist die Bibel für mich die Offenbarung Jesu Christi. Möchtest du wissen, warum ich an Jesus glaube? Weil er mein göttlicher Heiland ist. Warum ich der Bibel glaube? Weil ich herausgefunden habe, dass sie die Stimme Gottes ist, die zu meinem Herzen spricht.“ Wir können an uns selbst erleben, dass die Bibel wahr und Christus Gottes Sohn ist. Wir wissen, dass wir keinen klug erdachten Fabeln gefolgt sind.
Petrus ermahnt seine Brüder, „in der Gnade und in der Erkenntnis unseres Herrn und Retters Jesus Christus“ zu wachsen (2. Petrus 3,18). Wenn Gottes Volk in der Gnade wächst, wird es sein Wort immer klarer verstehen. Es wird neues Licht und neue Schönheit in seinen heiligen Wahrheiten erkennen. So ist es in der Geschichte der Gemeinde schon immer gewesen, und so wird es auch bis zum Ende bleiben. „Der Pfad des Gerechten ist wie der Glanz des Morgenlichts, das immer heller leuchtet bis zum vollen Tag.“ (Sprüche 4,18)
Durch den Glauben können wir schon jetzt in die kommende Welt schauen und uns auf Gottes Zusage verlassen, dass unser Verständnis geweitet werden wird, wenn sich die menschlichen Fähigkeiten mit den göttlichen vereinigen und jede Fähigkeit des Menschen in direkten Kontakt mit der Quelle des Lichtes gebracht wird. Wir können uns freuen, dass alles, was uns hier an Gottes Vorsehung verwirrt hat, dann ganz klar wird. Was jetzt so schwer zu verstehen ist, wird dann eine Erklärung finden. Und dort, wo unsere begrenzte Wahrnehmung nur Chaos und gebrochene Versprechen gesehen hat, werden wir die vollkommenste und wunderschönste Harmonie erkennen. „Denn wir sehen jetzt mittels eines Spiegels wie im Rätsel, dann aber von Angesicht zu Angesicht; jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.“ (1. Korinther 13,12)
13 Die Freude im Herrn
Gottes Kinder sind dazu berufen, Christus darzustellen und die Güte und Barmherzigkeit des Herrn kundzutun. Wie Jesus uns das wahre Wesen des Vaters offenbart hat, so sollen wir Christus einer Welt offenbaren, die seine innige, mitfühlende Liebe nicht kennt. „Gleichwie du mich in die Welt gesandt hast“, sagt Jesus, „so sende auch ich sie in die Welt.“ „Ich in ihnen und du in mir …damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast.“ (Johannes 17,18.23) Der Apostel Paulus sagt zu Jesu Jüngern: „Es ist ja offenbar, dass ihr ein Brief des Christus seid“, „erkannt und gelesen von jedermann“ (2. Korinther 3,3.2). Mit jedem seiner Kinder sendet Jesus einen Brief an die Welt. Wenn du Christi Nachfolger bist, dann sendet er mit dir einen Brief an die Familie, das Dorf und die Straße, wo du lebst. Jesus, der in dir wohnt, möchte zu den Herzen jener sprechen, die ihn noch nicht kennen. Vielleicht lesen sie nicht die Bibel oder hören nicht die Stimme, die aus ihren Seiten zu ihnen spricht. Sie erkennen Gottes Liebe nicht durch seine Werke. Doch wenn du ein wahrer Stellvertreter Christi bist, können sie durch dich ein Stück seiner Güte erkennen und dafür gewonnen werden, ihn zu lieben und ihm zu dienen.
Christen sind zu Lichtträgern auf dem Weg zum Himmel berufen. Sie sollen das Licht widerspiegeln, das von Christus auf sie scheint. Ihr Leben und Wesen soll so sein, dass andere durch sie eine richtige Vorstellung von Christus und seinem Dienst erhalten.
Als Christi Vertreter sollen wir den Dienst für ihn anziehend darstellen – so wie er wirklich ist. Christen, die in ihren Herzen Trübsinn und Traurigkeit ansammeln, die murren und klagen, stellen anderen Menschen Gott und das Leben als Christ falsch dar. Sie vermitteln den Eindruck, Gott hätte keinen Gefallen am Glück seiner Kinder, und damit werfen sie ein falsches Licht auf unseren himmlischen Vater.
Satan jubelt, wenn er Gottes Kinder in Unglauben und Mutlosigkeit führen kann. Er hat seine helle Freude daran, wenn wir Gott misstrauen und daran zweifeln, dass er uns retten will und kann. Er hat es nur zu gern, wenn wir meinen, der Herr würde uns durch seine Vorsehungen schaden. Er stellt den Herrn so dar, als hätte er kein Mitleid und Erbarmen. Er verfälscht die Wahrheit über ihn und füttert unsere Vorstellung mit falschen Gedanken über Gott. Und anstatt die Wahrheit über unseren himmlischen Vater im Herzen zu bewegen, richten wir unsere Gedanken nur allzu oft auf Satans falsche Darstellungen und entehren Gott, indem wir ihm misstrauen und gegen ihn murren. Satan versucht ständig, unser Glaubensleben düster und traurig zu machen. Er möchte es mühsam und schwierig erscheinen lassen. Wenn ein Christ in seinem Leben einen solchen Eindruck vom Glaubenvermittelt, unterstützt er durch seinen Unglauben Satans Lügen.
Viele denken ihr ganzes Leben über ihre Fehler, Enttäuschungen und Niederlagen nach, und ihre Herzen sind voller Kummer und Enttäuschung. Als ich in Europa war, schrieb mir eine solche Glaubensschwester. Sie war tief betrübt und bat mich um einige ermutigende Worte. In der Nacht, nachdem ich ihren Brief gelesen hatte, träumte ich, ich befände mich in einem Garten, und jemand, der anscheinend der Eigentümer des Gartens war, führte mich die Wege entlang. Ich pflückte gerade Blumen und freute mich über ihren Duft, als die Glaubensschwester, die schon die ganze Zeit neben mir hergegangen war, mich auf einige unansehnliche Dornensträucher aufmerksam machte, die sie beim Gehen störten. Sie klagte und jammerte. Sie folgte nicht dem Führer auf dem Weg, sondern lief durch die Dornen und Disteln. „Ach“, klagte sie, „ist es nicht ein Jammer, dass dieser wunderschöne Garten so von Dornen verunstaltet ist?“ Da sagte der Führer: „Lass doch die Dornen, sie verletzen dich nur. Pflücke die Rosen, Lilien und Nelken.“
Gab es in deinem Leben nicht auch schöne Erlebnisse? Kostbare Momente, wo dein Herz vor Freude höher schlug, als der Geist Gottes zu dir sprach? Wenn du über die Kapitel deines Lebensbuches schweifst, findest du dann nicht auch erfreuliche Seiten? Sind Gottes Verheißungen nicht wie duftende Blumen, die überall an deinem Lebensweg wachsen? Sollen ihre Schönheit und ihr Wohlgeruch dein Herz nicht mit Freude erfüllen?
Die Disteln und Dornen werden dich nur verwunden und dir wehtun. Wenn du ausschließlich solche Dinge anhäufst und anderen zeigst, wirfst du dann nicht ein schlechtes Licht auf Gottes Güte und hältst die Menschen in deiner Umgebung davon ab, den Weg des Lebens zu gehen?
Es ist nicht weise, all die unangenehmen Erinnerungen, die Ungerechtigkeiten und Enttäuschungen der Vergangenheit zusammenzutragen und darüber zu sprechen und zu klagen, bis wir von Entmutigung überwältigt sind. Ein entmutigtes Herz ist voller Dunkelheit. Der Mensch schließt das Licht Gottes aus seiner eigenen Seele aus und wirft einen Schatten auf den Weg der anderen.
Gott sei Dank für die vielen hellen und freundlichen Bilder, die er uns vor Augen gestellt hat. Lasst uns die wunderbaren Zusicherungen seiner Liebe zusammentragen, um sie ständig zu betrachten: Gottes Sohn hat den Thron seines Vaters verlassen. Er hat seine Göttlichkeit mit Menschlichkeit überkleidet, um uns aus Satans Macht zu retten. Er hat für uns gesiegt, den Himmel aufgerissen und lässt uns in den Raum seiner Gegenwart blicken, wo er seine Herrlichkeit enthüllt. Er hat die gefallene Menschheit aus der Grube des Verderbens gezogen, in die sie die Sünde gestürzt hat. Er bringt uns wieder in Verbindung mit dem unendlichen Gott. Wir werden mit Jesu Gerechtigkeit bekleidet und zu seinem Thron erhöht, wenn wir die göttliche Prüfung durch den Glauben an unseren Erlöser bestanden haben. Dies sind die Themen, mit denen wir uns nach Gottes Willen beschäftigen sollen!
Wenn wir den Eindruck erwecken, dass wir Gottes Liebe anzweifeln und seinen Zusagen misstrauen, entehren wir ihn und betrüben seinen Heiligen Geist. Wie würde sich eine Mutter fühlen, deren Kinder sich ständig über sie beschweren, gerade so als würde sie es nicht gut mit ihnen meinen, wo sie doch ihr ganzes Lebens darum bemüht gewesen ist, sie zu fördern und zu erfreuen? Stell dir vor, sie zweifelten ihre Liebe an. Es bräche ihr das Herz. Wie würden sich Eltern fühlen, wenn ihre Kinder sie so behandelten? Und wie muss es unserem himmlischen Vater gehen, wenn wir seiner Liebe misstrauen, die ihn doch dazu gebracht hat, seinen eingeborenen Sohn zu geben, damit wir das Leben haben? Der Apostel schreibt: „Er, der sogar seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle dahin gegeben hat, wie sollte er uns mit ihm nicht auch alles schenken?“ (Römer 8,32) Doch wie viele sagen mit ihren Taten, wenn auch nicht mit Worten: „Der Herr meint dies nicht für mich. Vielleicht liebt er andere, aber mich liebt er nicht.“
Das alles schadet deiner eigenen Seele, denn jedes zweifelnde Wort aus unserem Mund lädt Satans Versuchungen ein. Es stärkt in dir den Hang zum Zweifel und treibt die dienenden Engel von dir weg. Wenn Satan dich versucht, dann sprich kein einziges Wort des Zweifels oder des Unglaubens. Wenn du dich entscheidest, seinen Einflüsterungen die Tür zu öffnen, werden Misstrauen und rebellisches Hinterfragen deine Gedanken erfüllen. Wenn du deine Gefühle aussprichst, wird jeder von dir geäußerte Zweifel nicht nur auf dich selbst zurückwirken, sondern wird auch als Same in den Herzen anderer aufgehen und in ihrem Leben Frucht tragen. Womöglich ist der Einfluss deiner Worte nie wiedergutzumachen. Du selbst kannst dich vielleicht von der Zeit der Versuchung erholen und Satans Schlinge entrinnen, aber andere, die durch deinen Einfluss ins Schwanken gerieten, können dem Unglauben, den du vermittelt hast, womöglich nicht entkommen. Wie wichtig ist es deshalb, nur das auszusprechen, was geistliche Stärke und Leben verleiht!
Die Engel hören zu, was für ein Zeugnis du von deinem himmlischen Meister in die Welt trägst. Sprich von ihm, der lebt und für dich vor dem Vater eintritt. Wenn du einem Freund die Hand reichst, dann lass Gottes Lob auf deinen Lippen und in deinem Herzen sein. Das wird seine Gedanken auf Jesus lenken.
Jeder hat Prüfungen, muss tiefes Leid tragen oder schweren Versuchungen widerstehen. Erzähl deine Sorgen nicht sterblichen Menschen, sondern bring alles im Gebet zu Gott. Mach es dir zur Regel, niemals ein Wort des Zweifels oder der Entmutigung auszusprechen. Mit Worten der Hoffnung und heiliger Ermutigung kannst du viel dazu beitragen, das Leben anderer sehr zu erhellen und sie in ihren Bemühungen zu stärken.
Viele tapfere Seelen werden heftig von Versuchungen bedrängt und stehen in der Gefahr, im Kampf mit sich selbst und den Mächten des Bösen zu erliegen. Entmutige sie nicht in ihren schweren Kämpfen. Ermuntere sie mit stärkenden, hoffnungsvollen Worten, die sie auf ihrem Weg anspornen. So wird Christi Licht aus dir scheinen. „Keiner von uns lebt sich selbst.“ (Römer 14,7) Durch unseren unbewussten Einfluss können andere ermutigt und gestärkt oder entmutigt und von Jesus und der Wahrheit weggetrieben werden.
Viele Menschen haben von Christi Leben und Wesen eine falsche Vorstellung. Sie denken, er hätte weder Wärme noch Frohsinn gehabt, sondern wäre streng, hart und freudlos gewesen. In vielen Fällen ist das ganze Glaubensleben von dieser trüben Sicht gefärbt.
Oft wird gesagt, dass Jesus geweint hat, doch es sei nicht bekannt, dass er gelächelt habe. Unser Heiland war in der Tat ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut, denn er öffnete sein Herz für jedes menschliche Leid. Doch auch wenn sein Leben voll Selbstverleugnung und von Schmerz und Sorge überschattet war, ließ er sich davon nicht niederdrücken. Kummer oder Unzufriedenheit waren auf seinem Angesicht nicht zu finden, sondern stets Frieden, Gelassenheit und Heiterkeit. Sein Herz war eine Quelle des Lebens, und wohin er auch ging, brachte er Ruhe und Frieden, Freude und Fröhlichkeit.
Unser Heiland war ein tiefernster und äußerst gewissenhafter Mensch, aber niemals trübsinnig oder mürrisch. Wer ihm nachstrebt, wird in seinem Leben ernsthafte Ziele verfolgen und ein tiefes Bewusstsein persönlicher Verantwortung haben. Solche Menschen geben Leichtfertigkeit keinen Raum. Sie gehen keinen lautstarken Belustigungen nach und machen keine unanständigen Scherze, sondern der Glaube Jesu schenkt „Frieden … wie einen Strom“ (Jesaja 66,12). Er löscht das Licht der Freude nicht aus. Er unterdrückt weder Frohsinn noch verdunkelt er das sonnige, lächelnde Gesicht. Christus kam nicht, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen; und wenn seine Liebe im Herzen regiert, werden wir seinem Beispiel folgen.
Wenn sich unsere Gedanken vorrangig mit den unfreundlichen und ungerechten Handlungen unserer Mitmenschen beschäftigen, werden wir feststellen, dass wir sie unmöglich so lieben können, wie Christus uns geliebt hat. Doch wenn unsere Gedanken bei der wunderbaren Liebe und dem Mitgefühl Christi verweilen, wird derselbe Geist auch zu ihnen ausströmen. Wir sollten einander lieben und achten, trotz der Fehler und Unvollkommenheiten, die wir ja nicht übersehen können. Wir sollten Demut üben, uns selbst misstrauen und geduldig und liebevoll mit den Fehlern anderer umgehen. Das wird alle einengende Selbstsucht auslöschen und uns weitherzig und großzügig machen.
Der Psalmist sagt: „Vertrau dem Herrn und tu, was recht ist; dann bleibst du im Land und wohnst in Sicherheit.“ (Psalm 37,3; gute Nachricht) „Vertrau dem Herrn.“ Jeder Tag hat seine eigenen Lasten, Sorgen und Schwierigkeiten; und wie schnell reden wir über unsere Schwierigkeiten und Prüfungen, wenn wir einander begegnen! So viele unnötige Sorgen drängen sich auf, so vielen Ängsten gibt man sich hin, solch einer Last von Befürchtungen verleiht man Ausdruck, dass andere meinen könnten, wir hätten keinen mitfühlenden, liebenden Heiland, dessen Ohr für alle unsere Bitten offen ist und der bereit steht, uns in jeder Zeit der Not zu helfen.
Einige fürchten sich ständig und machen sich unnötige Sorgen. Jeden Tag sind sie von den Beweisen der Liebe Gottes umgeben, jeden Tag erfreuen sie sich an den Gaben seiner Fürsorge, doch sie übersehen diese gegenwärtigen Segnungen. Mit ihren Gedanken sind sie immer bei unangenehmen Dingen, deren Eintreffen sie befürchten. Oder es mag wirklich ein Problembestehen, das, obwohl es klein ist, sie für die vielen Dinge blind macht, für die sie dankbar sein sollten. Anstatt dass ihre Schwierigkeiten sie zu Gott treiben, ihrer einzigen Hilfsquelle, trennen diese Probleme sie von ihm, weil sie Unruhe und Unzufriedenheit in ihnen hervorrufen.
Tut es uns selbst gut, wenn wir so ungläubig sind? Warum sollten wir undankbar und misstrauisch sein? Jesus ist unser Freund. Der ganze Himmel nimmt Anteil an unserem Wohlergehen. Wir sollten uns nicht von den Schwierigkeiten und Sorgen des Alltags beunruhigen und die Sicht trüben lassen. Wenn wir das tun, wird es immer einen Grund für Unruhe und Ärger geben. Wir sollten uns keiner Sorge hingeben, die uns nur bedrückt und aufreibt, aber nicht hilft, die Prüfungen zu erdulden.
Vielleicht weißt du nicht, wie es im Geschäft weitergeht. Vielleicht werden die Aussichten immer dunkler und Verluste drohen. Sei trotzdem nicht entmutigt. Bring deine Sorge zu Gott und bleibe ruhig und freudig. Bete um Weisheit, die Situation klug zu bewältigen und so Verlust und Unheil zu verhindern. Tu alles, was du kannst, um die Dinge zu einem guten Ausgang zu führen. Jesus hat seine Hilfe versprochen, doch nicht ohne unsere Mitarbeit. Wenn du im Vertrauen auf unseren Helfer alles getan hast, was dir möglich war, dann nimm freudig an, was daraus wird. Gott möchte nicht, dass seine Kinder von Sorgen niedergedrückt werden. Doch unser Herr täuscht uns auch nichts vor. Er sagt nicht zu uns: „Fürchte dich nicht, auf deinem Weg gibt es keine Gefahren.“ Er weiß, dass es Prüfungen und Gefahren gibt, und geht ehrlich mit uns um. Er hat nicht vor, seine Gemeinde aus einer Welt der Sünde und des Bösen herauszunehmen, sondern weist sie auf eine Zuflucht hin, auf die immer Verlass ist. Er betete für seine Jünger: „Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen.“ (Johannes 17,15) „In der Welt“, sagt er, „habt ihr Bedrängnis; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ (Johannes 16,33)
In der Bergpredigt gab Christus seinen Jüngern wertvollen Unterricht darüber, wie notwendig es ist, Gott zu vertrauen. Diese Lehren waren dazu bestimmt, Gottes Kinder in allen Zeitaltern zu ermutigen, und ihre Tiefe und ihr Trost reichen auch bis in unsere Zeit. Der Heiland weist seine Nachfolger auf die Vögel in der Luft hin, wie sie ihre Loblieder erschallen lassen, ohne irgendeinen Gedanken der Sorge. „Sie säen nicht, sie ernten nicht“, und trotzdem sorgt der große Vater für ihre Bedürfnisse. Der Heiland fragt: „Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?“ (Matthäus 6,26) Der große Versorger von Mensch und Tier öffnet seine Hand und versorgt alle seine Geschöpfe. Die Vögel in der Luft sind nicht zu gering, dass er sie nicht beachtete. Er legt die Nahrung zwar nicht in ihren Schnabel, aber er trifft Vorsorge für ihre Bedürfnisse. Sie müssen die Körner selbst einsammeln, die er für sie ausgestreut hat. Sie müssen Material für den Bau ihrer kleinen Nester vorbereiten. Sie müssen ihre Jungen füttern. Singend gehen sie an ihre Arbeit, denn „der himmlische Vater ernährt sie doch“. Und „seid ihr nicht viel mehr wert als sie?“ Seid ihr als vernunftbegabte, geistlich gesinnte Anbeter nicht mehr wert als die Vögel in der Luft? Wird nicht unser Schöpfer, der Erhalter unseres Lebens, der uns zu seinem göttlichen Ebenbild erschaffen hat, für unsere Bedürfnisse sorgen, wenn wir ihm nur vertrauen?
Christus wies seine Jünger auf die Blumen des Feldes hin, die in reicher Fülle wachsen und in der schlichten Schönheit leuchten, die der himmlische Vater ihnen als einen Ausdruck seiner Liebe zum Menschen gegeben hat. Er sagt: „Betrachtet die Lilien des Feldes, wie sie wachsen.“ Die Schönheit und Einfachheit dieser natürlichen Blumen übertreffen bei weitem die Pracht Salomos. Die prächtigste Kleidung, kunstvoll und meisterhaft hergestellt, lässt sich doch nicht mit der natürlichen Anmut und leuchtenden Schönheit der Blumen in Gottes Schöpfung vergleichen. Jesus fragt: „Wenn nun Gott das Gras des Feldes, das heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet, wird er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen?“ (Matthäus 6,28.30) Wenn der göttliche Künstler die einfachen Blumen, die an einem Tag verwelken, mit so zarten und mannigfachen Farben ausstattet, wie viel mehr sorgt er dann für die Menschen, die nach seinem Ebenbild erschaffen sind? Damit sprach sich Jesus gegen das ängstliche Sorgen, die Ratlosigkeit und den Zweifel des ungläubigen Herzens aus.
Der Herr möchte, dass alle seine Söhne und Töchter glücklich, friedvoll und gehorsam sind. Jesus sagt: „Meinen Frieden gebe ich euch; nicht wie die Welt gibt, gebe ich euch. Euer Herz erschrecke nicht und verzage nicht.“ (Johannes 14,27) „Diese Dinge habe ich zu euch geredet, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude völlig werde.“ (Johannes 15,11)
Glück, das man aus selbstsüchtigen Motiven sucht, abseits des Weges der Pflicht, ist unbefriedigend, unbeständig und vergänglich. Es vergeht, und Einsamkeit und Sorge erfüllen die Seele. Im Dienst für Gott dagegen findet man Freude und Erfüllung. Der Christ braucht nicht auf ungewissen Wegen zu gehen oder sinnlose Schmerzen und Enttäuschungen zu erleiden. Auch ohne die Vergnügungen dieses Lebens können wir freudig sein, weil wir auf das zukünftige Leben schauen.
Und schon hier können sich Christen über die Gemeinschaft mit Christus freuen. Sie können das Licht seiner Liebe und den immer währenden Trost seiner Gegenwart haben. Jeder Schritt im Leben kann uns näher zu Jesus führen, kann uns seine Liebe tiefer erfahren lassen und uns näher zur seligen Heimat des Friedens bringen. Darum lasst uns unser Vertrauen nicht wegwerfen, sondern fester als je zuvor die Gewissheit haben: „Bis hierher hat der Herr uns geholfen“ (1. Samuel 7,12), und er wird uns auch bis zum Ende helfen! Schauen wir auf die Gedenksteine, die uns daran erinnern, was der Herr getan hat, um uns zu trösten und aus der Hand des Widersachers zu retten. Lasst uns die liebevollen Gnadentaten Gottes stets in frischer Erinnerung behalten – Tränen, die er abgewischt, Schmerzen, die er gelindert, Sorgen, die er weggenommen, Ängste, die er zerstreut, Bedürfnisse, für die er gesorgt, Segnungen, die er geschenkt hat – und uns so für alles stärken, was auf unserem Lebensweg noch vor uns liegt.
Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns auf neue Prüfungen in dem kommenden Lebenskampf einzustellen. Aber wir dürfen auf Vergangenheit sowie Zukunft blicken und sagen: „Bis hierher hat der Herr uns geholfen.“ „Wie deine Tage, so deine Kraft.“ (5. Mose 33,25) Die Prüfungen werden niemals größer sein als die Kraft, die uns verliehen wird, um sie zu tragen. Dann lasst uns unsere Arbeit anpacken, gerade dort wo wir sie vorfinden, und glauben, dass wir soviel Stärke erhalten werden, wie wir in den Prüfungen benötigen, komme was da wolle.
Schon sehr bald werden die Tore des Himmels aufgestoßen werden, um die Kinder Gottes einzulassen. Dann wird die Segnung wie wunderschönste Musik von den Lippen des Königs der Herrlichkeit an ihre Ohren dringen: „Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, und erbt das Reich, das euch bereitet ist seit Grundlegung der Welt.“ (Matthäus 25,34)
Dann werden die Erlösten in der Heimat willkommen geheißen, die Jesus für sie vorbereitet hat. Dort sind sie nicht mehr von den Übeltätern, Lügnern, Götzendienern, Unreinen und Ungläubigen dieser Welt umgeben. Sie werden mit denen zusammen sein, die Satan überwunden und durch die göttliche Gnade einen vollkommenen Charakter gebildet haben. Jede sündhafte Neigung, jede Unvollkommenheit, die sie hier gequält hat, wird durch Christi Blut weggenommen sein. Die Größe und der Glanz seiner Herrlichkeit, weit herrlicher als der Glanz der Sonne, ist ihnen zuteil geworden. Die Schönheit, die Vollkommenheit seines Wesens, weit wertvoller als jede äußere Pracht, scheint durch sie hindurch. Ohne Makel stehen sie vor dem großen weißen Thron und haben Anteil an der Würde und den Vorrechten der Engel.
Wenn man bedenkt, welch herrliches Erbe den Menschen erwartet, „gibt es [da] etwas Kostbareres als die Seele“? (Matthäus 16,26; Neues Leben) Ein Mensch mag arm sein und dennoch einen Reichtum und eine Würde besitzen, die die Welt niemals geben kann. Erlöst und von Sünde gereinigt und mit all seinen edlen Kräften dem Dienst Gottes geweiht, ist er von unübertrefflichem Wert. Im Himmel ist Freude bei Gott und den heiligen Engeln über jeden einzelnen erlösten Menschen – eine Freude, die in heiligen Triumphliedern ihren Ausdruck findet.1)
1) Ellen Gould White 1892, 1893; Steps to Christ, deutsche Ausgabe: Schritte zu Jesus, Newstartcenter, Freiamt 2015